Großeltern können nicht auf Schutz der Familie bestehen

Familienrecht

  • Lesedauer: 3 Min.
Großeltern können sich nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs bei der Sorge für ihr Enkelkind nicht auf den grundsätzlichen Schutz von Ehe und Familie berufen, selbst wenn sie das Enkelkind faktisch allein betreuen. Großeltern seien »grundsätzlich nicht Träger des Elternrechts«, heißt es in dem Urteil vom 28. Februar 2011 (Az. XII ZB 241/09).

Im konkreten Fall kümmern sich die Großeltern nach dem Tod der allein sorgeberechtigten Mutter 2008 um ihr inzwischen elfjähriges Enkelkind. Der Vater des Kindes, der zwischen 2004 und 2006 eine Haftstrafe verbüßte, hatte nur unregelmäßig Umgang mit dem Kind. Die Großeltern beantragten die Vormundschaft.

Das Familiengericht entschied indes, das elterliche Sorgerecht dem Vater zu übertragen. Zudem erhielt die katholische Jugendfürsorge die Befugnis, über Gesundheitsfürsorge, Schulbelange und Unterhaltsfragen zu entscheiden. Die Großmutter bekam vom Gericht lediglich die Vermögenssorge und die Nachlassregelung übertragen. Dagegen legte die Großmutter Beschwerde ein.

Laut BGH steht ihr hier jedoch kein Beschwerderecht zu. Dies sei durch das Familiengesetz ausgeschlossen. Auch die zunächst geäußerte Absicht des Familiengerichts, den Großeltern die Vormundschaft zu übertragen, ändere daran nichts. Zugleich räumte der BGH ein, dass die Großeltern ein »berechtigtes Interesse« an einer anderen Entscheidung gehabt hätten. Großeltern seien aber »grundsätzlich nicht Träger des Elternrechts«. Dies sei nur dann so, wenn die Großeltern als Vormund für die Erziehung und Pflege verantwortlich seien.

Oma möchte für den Enkel mehr Kindesunterhalt

Nach dem Tod der Mutter wohnte der Jugendliche beim Vater. Nach endlosen Streitereien zwischen beiden ließ der Vater den Sohn zur Oma ziehen, womit auch das Jugendamt einverstanden war. Der Vater überwies der Großmutter monatlich das Kindergeld und eine Halbwaisenrente. Er müsse darüber hinaus Barunterhalt für den Sohn zahlen, fand die Oma und schlug beim Jugendamt eine Ergänzungspflegschaft vor.

Ergänzungspfleger werden vom Familiengericht eingesetzt, um die Belange von Minderjährigen zu vertreten, wenn das den Eltern oder einem Vormund wegen eines Interessenkonflikts nicht möglich ist. Ein sorgeberechtigter Elternteil darf das Kind nicht in einem Prozess gegen sich selbst vertreten. Das Familiengericht setzte deshalb für den Bereich »Unterhaltsansprüche« eine Ergänzungspflegerin ein, die den Anspruch des Jungen gegen den Vater durchsetzen sollte. Die Beschwerde des Vaters gegen diesen Beschluss wies das Oberlandesgericht Dresden am 12. März 2010 (Az. 24 UF 157/10) zurück.

Der Vater dürfe den Sohn in dieser Sache nicht vertreten. Die Großmutter betreue den Enkel schon über längere Zeit und sei daher berechtigt, die Finanzen für den Jungen zu verwalten und dementsprechend zu verwenden. Sie dürfe aber nicht vor Gericht den Anspruch des Enkels auf Kindesunterhalt gegen den sorgeberechtigten Vater geltend machen. Das müsse eine Ergänzungspflegerin übernehmen. Zu Recht habe das Familiengericht die Pflegschaft angeordnet. Sollte im Unterhaltsprozess festgestellt werden, dass der Vater seinen Zahlungspflichten nicht nachkomme, könnte man ihm das Sorgerecht teilweise entziehen.

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