Direkte Demokratie immer öfter erfolgreich

Plebiszite hatten auch 2010 Konjunktur / Mehr Demokratie e. V. legte Jahresbilanz vor

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 2 Min.
Im vergangenen Jahr waren überdurchschnittlich viele Volksbegehren und Volksentscheide erfolgreich. Doch der »Volksbegehrensbericht 2010« zeigt, dass sie nur in wenigen Bundesländern stattfinden.

»2010 war ein gutes Jahr für die direkte Demokratie«, bilanzierte Michael Efler, Vorstandssprecher von Mehr Demokratie e.V am Dienstag in Berlin den »Volksbegehrens-Bericht 2010« seiner Organisation. Auf Landesebene wurden im vergangenen Jahr 13 Volksinitiativen bzw. Anträge auf Volksbegehren eingeleitet. Das waren zwei mehr als 2009. Insgesamt stieg die Zahl der seit 1946 genutzten direktdemokratischen Verfahren auf 251.

Doch nicht nur die Zahl an Volksbegehren wuchs in den letzten Jahren an, auch die Erfolgsquote steigt: Mit 36 Prozent lag sie 2010 deutlich über dem langjährigen Durchschnitt von 29 Prozent. Denn zwei der vier abgehaltenen Volksbegehren in Thüringen und Berlin verliefen erfolgreich. Darüber hinaus waren die Volksentscheide in Bayern zum Nichtraucherschutz und in Hamburg zur Schulreform erfolgreich, weil sich die Mehrheit der Abstimmenden für den Gesetzesvorschlag der Initiativen aussprach. Efler betonte eine weitere Besonderheit: »Noch nie zuvor haben zwei Volksentscheide zeitlich so eng beieinander stattgefunden.« Der Volksentscheid zur Offenlegung der Teilprivatisierungsverträge der Berliner Wasserbetriebe im Februar setzte die positive Bilanz fort.

In dem Volksbegehrensbericht kritisieren die Verfasser aber auch weiter bestehende Unzulänglichkeiten in mehreren Bundesländern. Denn die insgesamt 18 Volksentscheide zwischen 1946 und 2010 haben in nur sechs Ländern stattgefunden, nämlich in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg sowie Bayern, Schleswig-Holstein, Sachsen und Sachsen-Anhalt. »In einigen Bundesländern ist direkte Demokratie quasi nur auf dem Papier vorhanden«, heißt es in dem Bericht. In Baden-Württemberg und dem Saarland fand noch kein einziges Volksbegehren statt. Die dort geplanten Veränderungen kritisierte Mehr Demokratie-Vorstandssprecher Ralf-Uwe Beck als »Scheinreformen«. Die Quoren für die Unterschriftensammlung bei Volksbegehren sollen nicht gesenkt werden. Damit sei es den Initiativen kaum möglich, überhaupt den Volksentscheid zu erreichen.

In Hamburg hingegen werde am häufigsten auf direktdemokratische Mittel zurückgegriffen. Im Durchschnitt findet alle 1,3 Jahre ein Volksbegehren statt. Bayern hat zahlenmäßig am meisten Volksbegehren und Volksentscheide aufzuweisen, aber auch bereits seit 1946 eine gesetzliche Grundlage für die Plebiszite.

Das vordringlichste Ziel von Mehr Demokratie bleibt die Einführung eines Volksentscheides auf Bundesebene. Es sei eine »peinliche Demokratielücke«, dass Deutschland als einziges Land in der EU noch keinen Volksentscheid erlebt hat, äußerte Beck. Die SPD, Grüne, LINKE sowie die FDP sprechen sich seit Jahren für die Einführung eines bundesweiten Volksentscheids aus. Nur die Unionsfraktionen im Bundestag lehnen nach wie vor Volksabstimmungen im Bund ab.

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