DDR-Erstling »Poly-Play« ist der Star
Computerspielemuseum Berlin: In der Karl-Marx-Allee 93 a können Besucher vieles selbst ausprobieren
ND: Computerspiele symbolisieren im dem Freizeitsektor die Moderne schlechthin. Aber hier bei Ihnen sind sogar schon diese E-Games museal geworden?
Lange: Richtig. Das hat eben mit den Entwicklungszyklen der Gegenwart zu tun, die sich ständig beschleunigen.
Die Spiele, denen sich Ihr Museum widmet, sind virtuell. Und genau diese Virtualität widerspricht doch eigentlich der Präsentation in einem Museum, wo Besucher von Exponat zu Exponat schreiten.
In der Tat ist die klassische Ausstellung ein räumliches Medium. Folglich haben wir hier einen besonderen Übersetzungsprozess leisten müssen, um das Kulturgut Computerspiel mit physisch greifbaren Elementen sichtbar zu machen. E-Games bestehen eben nicht nur aus Codes, sondern dazu gehören notwendigerweise auch Maschinen, an denen real gespielt wird.
So sehen wir auch ein echtes Unikat, nämlich »Poly-Play«, den ersten und einzigen Spielautomaten der DDR.
Der wurde im VEB Polytechnik Karl-Marx-Stadt entwickelt und zwischen 1986 und 1989 produziert. Der Automat stand vorwiegend in Freizeiteinrichtungen wie FDGB-Ferienheimen. Schließlich hat der ziemlich viel gekostet, ungefähr 22 000 Mark. Vom »Poly-Play« hat es geschätzt 2000 Exemplare gegeben.
Wie unterhaltsam war diese »Poly-Play«-Maschine denn eigentlich?
Das Spiel für wirklich Ambitionierte war ein Programm, das eine Schießbude auf dem Jahrmarkt simuliert hat.
Was Ihre Schau von der Konkurrenz anderer Museen unterscheidet: Sie ist interaktiv. In der Karl-Marx-Allee 93 a ist ausdrücklich erwünscht, dass die Besucher mitmachen.
Computerspiele geben ihrem Nutzer ja die Möglichkeit, mit dem Medium zu interagieren und selbst zu bestimmen, was an bestimmten Stellen passiert. Das zeichnet die E-Games aus. Und deswegen laden wir immer dort, wo es praktisch möglich und inhaltlich sinnvoll ist, dazu ein, die betreffenden Spiele selber mal auszuprobieren.
Unter anderem dürfen wir hier sogar punkten beim Klassiker »Pong«, das ist quasi elektronisches Tischtennis.
Wir lassen Besucher allerdings nur an eine Konsole ran, die mit einem Fernseher verbunden ist. Der echte »Pong»-Automat, den wir ebenfalls zeigen, wird dagegen bloß ausnahmsweise eingeschaltet, denn das ist ein rares Originalexemplar.
Neben dem kultigen »Pong«, Urvater der Atarivideospiele aus dem Jahr 1972, gehören zum Genre auch die umstrittenen Egoshooter. Wie behandeln Sie das heikle Thema?
Egoshooter waren an bestimmten Entwicklungstellen auch Meilensteine. In unseren Katalog aufgenommen haben wir deshalb »Far Cry« und »GTA IV«, ...
... was zum einen für »Grand Theft Auto« steht und sich um den Überlebenskampf eines Immigranten in einem fiktiven New York dreht, zum anderen als »Far Cry« von den Autoren auf eine Pazifikinsel verlegt worden ist.
Genau. Wir bieten diese Spiele aber nicht interaktiv an, sondern beschränken uns auf Szenenmitschnitte, die wir quasi als Videos einspielen. Die sind von der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle geprüft und gemäß USK freigegeben ab sechs Jahren.
Gespräch: René Gralla
Computerspielemuseum, Karl-Marx-Allee 93a, 10243 Berlin.
Infos zu Öffnungszeiten und Eintrittspreisen: www.computerspielemuseum.de
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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