Das Ländle probt Demokratie

  • Barbara Martin
  • Lesedauer: 2 Min.

Lange ist es her, dass eine Landtagswahl in Baden-Württemberg so spannend war wie die am 27. März. Nach 58 Jahren könnte die CDU erstmals aus der Regierung fliegen. Alle Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den Lagern Schwarz-Gelb und Rot-Grün – oder Rot-Grün-Rot – voraus. Das Land könnte Demokratie erleben. Die CDU unter Ministerpräsident Stefan Mappus malt erwartungsgemäß den wirtschaftlichen Niedergang an die Wand, sollten SPD und Grüne und – oh Schreck! – die LINKE an die Macht kommen. Die Christdemokraten kämpfen um ihr über Jahrzehnte aufgebautes Netzwerk, außerhalb des Landes auch als Spätzle-Connection bekannt.

Die SPD leidet seit Jahren unter blassen Führungsfiguren und versucht nun mit dem jungen Nils Schmid und einem Wahlprogramm, das sich in weiten Teilen wie das der LINKEN liest, die Bedeutungslosigkeit hinter sich zu lassen. Die LINKE hofft, mit einer Doppelspitze die Wähler zu überzeugen. Marta Aparicio und Roland Hamm wollen die Partei über die Fünf-Prozent-Hürde führen. Ein Erfolg würde die progressiven Kräfte im struktur-konservativen Ländle stärken – und in der eigenen Partei den gewerkschaftlichen Flügel, der in Baden-Württemberg die LINKE prägt. Und die Grünen mit dem wertkonservativen Sparfuchs Winfried Kretschmann vorne dran könnten dem Bürgertum zeigen, dass Daimler seine Fabriken nicht abbaut, wenn sie regieren. Vor allem aber wäre ein Machtwechsel im drittgrößten Bundesland eine schwere Niederlage für Angela Merkel.

Dass ausgerechnet die atomare Katastrophe in Japan auf den letzten Wahlkampfmetern für die vielleicht entscheidenden Stimmen hin zu einem Regierungswechsel sorgt, ist zwar bitter. Aber sie zeigt auch, dass die Jahrzehnte alten Warnungen vor den Risiken der Atomkraft immer richtig waren. Nun haben die Baden-Württemberger die Wahl, welchen Weg ihr Land nicht nur in der Energiepolitik (und letztlich nicht nur in der Energiepolitik) einschlagen soll: ökologisch und hoffentlich sozial – oder ob man weiter eine Regierung haben will, die vor allem ein Freund von Großkonzernen ist.

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