Nicht so gemeint!

Kommentar von Christian Klemm

  • Lesedauer: 2 Min.

Die hohe Kunst der Politik besteht darin, verbale Ausfälle so umzudeuten, dass sie auf einmal politisch opportun erscheinen. Der neue Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich versucht sich gerade an dieser Kunst. Pünktlich zur Islamkonferenz, die am morgigen Dienstag erstmals unter seiner Leitung tagt, gibt der CSU-Mann zu Protokoll, Muslime gehörten selbstredend zu Deutschland. Wer etwas anderes behauptet, wolle einen »Keil« zwischen ihn und Menschen muslimischen Glaubens treiben. Kurz nach seinem Amtsantritt vertrat der Mann noch eine andere Meinung: Wohl mit der Absicht, die politische Klientel seiner Partei zu besänftigen, meinte Friedrich damals: »Dass der Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen lässt.« Dieser Satz löste zu Recht wütende Proteste von muslimischer Seite aus. Um die zu besänftigen, rudert der Bundesinnenminister nun heftig zurück. »Alles nicht so gemeint!«, so der Tenor seiner neuen Worte.

Ob Friedrich diese Drehung um 180 Grad bei den Muslimen mehr Sympathiepunkte einbringen wird, ist mehr als fraglich. Gelten die Christsozialen doch als Stoßtrupp der katholischen Kirche mit ihren wertkonservativen Vorstellungen. Dort wird man nicht müde, die deutsche Kultur als »christlich-abendländisch« zu bezeichnen. Doch offensichtlich verschließen die Befürworter dieser »Leitkultur« die Augen vor der Realität: Die Bundesrepublik ist inzwischen ein multireligiöses und -ethnisches Land, in dem allein zwischen 3,8 und 4,3 Millionen Muslime leben. Sie werden dauerhaft in Deutschland bleiben, ob es den CSU-Hardlinern nun passt oder nicht.

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