Die »Top-Agenda« der DB
Die Deutsche Bahn präsentierte ihr Wirtschaften im Jahr 2010
Wie zu Zeiten von Hartmut Mehdorn herrschte auf der Bilanzpressekonferenz der Deutschen Bahn am Donnerstag in Berlin eitel Sonnenschein. Ebenfalls wie gehabt stehen diverse Initiativen zur Verbesserung des Angebots »auf der Top-Agenda«: für die Kunden und die Qualität (Pünktlichkeit, Wetterfestigkeit), in der Technik (»Qualitätsmeilensteine«), bei Investitionen. Nicht einmal ein wenig Selbstkritik darf man bei solchen Anlässen erwarten. Dabei sind die Zahlen nicht so golden wie einst.
»Die Deutsche Bahn ist 2010 wieder auf Wachstumskurs gefahren. Umsatz und Gewinn stiegen zweistellig, das Volumen der Netto-Investitionen nahm signifikant zu und die Zahl der Reisenden erhöhte sich auf der Schiene um 42 Millionen Kunden«, sagte Bahnchef Rüdiger Grube. »Eine noch kundenfreundlichere Bahn ist in den nächsten Jahren unser Ziel.« Noch kundenfreundlicher, darf man sich wohl fragen? Nachdem, was viele Reisende im Sommer wie im Winter erleben, wird es mit dem »Noch« nicht so schwer sein.
Der Konzernumsatz stieg um 5,1 Milliarden oder 17,3 Prozent auf 34,4 Milliarden Euro. Dass der Gewinn vor Zinsen und Steuern bei der Logistiktochter Schenker-Rail um 201 Millionen Euro zunahm, ist nach dem Einbruch im Krisenjahr 2009 kein Wunder. Er sank aber bei der Nahverkehrssparte DB-Regio um 170 Millionen und im Fernverkehr um 24 Millionen Euro. Die Wahrheit ist zugleich: DB-Regio und die Netzsparte trugen zusammen rund 71 Prozent zum Gesamtgewinn bei. An diese beiden Konzerntöchter, die für rund 40 Prozent des Umsatzes stehen, fließen aber auch mehr als 7 Milliarden Euro hohe Bundeszuschüsse.
Die Zahl der beförderten Fahrgäste auf der Schiene erhöhte sich 2010 gegenüber dem Vorjahr um 42 Millionen (+2,2 Prozent) auf 1,95 Milliarden – damit wurde der Rekord aus dem Jahr 2008 übertroffen. Dass der Personenverkehr aber beim Gewinn einbüßte, sei auf die Misere bei der S-Bahn Berlin und der ICE-Flotte zurückzuführen, beteuerte Grube. Er verwies auf Diskrepanzen im Gesetz, nachdem der Betreiber, nicht der Hersteller, für Herstellung und Zulassung der Züge verantwortlich sei. Personenverkehr-Vorstand Ulrich Homburg ließ keinen Zweifel, dass bei der Berliner S-Bahn mit der Fahrzeug-Baureihe 482 kein Staat zu machen ist. Gleichzeitig vermied er es, irgendetwas zur Schuld für die Ausfälle oder zum eigenen Sparprogramm in den Werkstätten und am Personal zu sagen.
Zwei aktuelle Themen durften nicht fehlen: Die Deutsche Bahn wird erneuerbare Energien beziehen, sieht durch die Abschaltung des Atomkraftwerks Neckarwestheim I, das bisher acht Prozent des Strombedarfs der DB lieferte, keinen Engpass. Man erwarte aber eine »schnellstmögliche« Baugenehmigung des Kohlekraftwerks Datteln 4 in Nordrhein-Westfalen.
Zum umstrittenen Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 drückte sich Netz-Vorstand Volker Kefer diplomatisch aus. Der vorübergehende Baustopp bis zur Bildung der Landesregierung dient offensichtlich dazu, die Bevölkerung zu beruhigen und, ob mit Volksbefragung oder ohne, doch noch den Bahnhof unter die Erde zu bringen. »Selbstverständlich werden wir dem Land die Kosten für den Baustopp mit Zinsen in Rechnung stellen«, so Kefer. Inzwischen wurde bekannt, dass der Projektleiter Hany Azer dem Netz-Vorstand in einem Brief über höhere Risiken der Tunnel aufklärte, die zu höheren Kosten führen dürften.
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