Ouattaras Hypothek

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.

Einen letzten Dienst hat Laurent Gbagbo seinem Land geleistet: Er rief seine Anhänger nach seiner Festnahme per Fernsehbotschaft dazu auf, nun die Kämpfe ruhen zu lassen. Auch wenn noch nicht sicher ist, ob die Botschaft schnell verfängt, dürfte der offene Bürgerkrieg, wie er in den letzten Wochen in Côte d'Ivoire wütete, ad acta gelegt sein. Damit wird der Notstand in Abidjan für die Zivilbevölkerung bald vorbei sein. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass der blutige Machtkampf nach der Stichwahl von November 2010 jene Gräben wieder aufgerissen hat, die das Land nach dem Bürgerkrieg 2002 nur mühsam und nur unter ausländischem Druck kosmetisch zugekleistert hatte – inklusive einer von UN-Blauhelmen gesicherten Pufferzone zwischen Nord und Süd, die die einstigen Bürgerkriegsparteien voneinander trennte.

Gbagbos Kontrahent Alassane Ouattara aus dem Norden tritt das Amt des Präsidenten mit einer schweren Hypothek an: Das Land ist extrem polarisiert, die Gewalt hat neue offene Rechnungen entstehen lassen, wo die alten noch nicht mal beglichen waren. Dass Ouattara nach südafrikanischem Vorbild eine Wahrheits- und Versöhnungskommission auf den Weg bringen will, kann ein Schritt in eine bessere und friedfertige Zukunft von Côte d'Ivoire sein. Aber nur dann, wenn dort auch die Verbrechen von Ouattaras Truppen selbst auf den Tisch kommen. Denn dass es auf beiden Seiten Gräueltaten gab, ist offenkundig.

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