Libanoneinsatz – Vorbild für Libyen?

Planungen für »humanitäre« EUFOR Libya sind offenbar fertig, doch Deutschland zögert

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Nur verwirrende und einander widersprechende Nachrichten kommen vom libyschen Kriegsschauplatz. Absicht – oder nur Ausdruck westlicher Hilflosigkeit? Unterdessen gibt es wohl »schon« Pläne der EU-Militärs für einen »humanitären« Einsatz am Boden.

Angeblich haben NATO-Jagdbomber einen Söldnerkonvoi Gaddafis bei Nalut gestoppt, westliche Marinekräfte kappten ein Kommunikationskabel, bei den Luftangriffen auf Gaddafis Tripolis-Festung wurden jüngst – laut NATO – vier Personen und – laut Gaddafi-Sprecher – über 40 Personen verletzt.

Spitzenreiter der österlichen »Unmeldungen« war die Auskunft der US-Luftwaffe, eine ihrer Drohnen habe eine SA-8-Raketenstellung zerstört, ohne ein unmittelbar daneben laufendes Fußballspiel zu stören. Zeitpunkt des Angriffs: 22.40 Uhr Ortszeit .. Wie das Spiel ausgegangen ist, wird leider nicht vermeldet. Zwischen all dem mehr oder weniger Glaubhaften aus westlichen Militärquartieren transportieren Sonderkorrespondenten jede unbestätigte Meldung aus den Rebellenhochburgen.

Nachdem NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen vorige Woche sagte, »die NATO hat nicht die Absicht, eine führende Rolle spielen«, berät nun Londons Verteidigungsminister Liam Fox mit Pentagonchef Robert Gates über die weitere Strategie. »Zufällig« hat die EU gerade ihr »Concept of Operations« für die Mission einer EUFOR Libya fertig.

Schon vor Ostern waren Details aus den 61-seitigen Papier durchgesickert, die Grundlage für den der UNO angebotenen »humanitären Einsatz« von EU-Battlegroups sein kann. Am Dienstag bestätigte »Bild«, dass der Aufmarschplan fertig ist und dass darin über »mögliche Terror-/Banden-Aktivitäten oder Verwicklung in Stammes-/Clan-Kämpfe« gesprochen wird. Die Risikoabschätzung sei daher »hoch bis kritisch«.

Bis zu 1000 Soldaten will man für (vorerst) vier Monate losschicken, um See- und Flughäfen zu besetzen und zu betreiben. Gebraucht werden Spezialisten zum Minenräumen, Kampftaucher, Fluglotsen und Einheiten zur Evakuierung abgeschossener Piloten. Letzteres lässt auf Ausweitung der Luftangriffe schließen.

Doch noch nie wurde ein Land oder eine Region allein durch einen Luftkrieg »befriedet«. Auch für Libyen gilt der militärische Grundsatz: »Boots on the ground«. Noch kaschiert man den möglichen Einsatz von Bodentruppen mit dem angeblich notwendigen Schutz von Hilfslieferungen. Als »Joint Operation Area« gilt angeblich ganz Libyen bis zu den südlichen Grenzen zu Sudan, Niger und Tschad.

Hilfsorganisationen jedoch lehnen mit Mehrheit das Verschmelzen von zivilem und militärischem Einsatz ab.

Deutschland ist herausragend beteiligt an der Führung und Ausstattung der beiden je 1500 Mann starken, in Bereitschaft gehalten EU-Battlegroups – doch politisch (noch) nicht willig, sie in Libyen einzusetzen. Dem Vernehmen nach sucht man im Auswärtigen Amt – wie beim Libyen-AWACS-Einsatz – nach einem Kompromiss zwischen Bündnistreue und politischer Weisheit. Dabei könnte der Libanoneinsatz UNIFIL ein Vorbild sein. Da Deutschland in diesem sensiblen Bereich an der Grenze zu Israel nicht mit Bodentruppen landen wollte, schickte man 2006 die Marine zum Embargosichern.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle hatte sich am 12. April abermals zu einem Libyeneinsatz geäußert und angekündigt, dass sich Deutschland notfalls doch an militärischen Einsätzen beteilige, »um den Opfern des Krieges zu helfen, falls die UNO Bedarf anmelde, also beispielsweise für eine militärische Begleitung auf See«.

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