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Kriegsopfer sollen ein Gesicht bekommen

Internationale Initiative verlangt Bildung einer Wahrheitskommission für Jugoslawien

  • Gisela Dürselen
  • Lesedauer: 2 Min.
20 Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung Sloweniens und Kroatiens soll der Krieg im ehemaligen Jugoslawien aufgearbeitet werden. Das ist jedenfalls das Ziel der Initiative »Rekom«. Zivilgesellschaftliche Organisationen wollen ihre Regierungen zwingen, eine unabhängige Wahrheitskommission zu schaffen und den Opfern des Krieges ein Gesicht zu geben.

Als Mitte April der ehemalige kroatische General Ante Gotovina vom Internationalen Jugoslawien-Strafgerichtshof in Den Haag wegen Kriegsverbrechen zu 24 Jahren Haft verurteilt wurde, demonstrierten in Kroatien Tausende gegen das Urteil. Gotovina gilt bis heute als Nationalheld, das Urteil des Haager Tribunals bedeutet den meisten Kroaten eine Schmach.

Noch immer herrscht im ehemaligen Jugoslawien kein gutes Klima für die Aufarbeitung der Kriegsgräuel. Jede Seite sieht nur ihre Opfer und vergisst die Täter in den eigenen Reihen. Aber es gibt auch andere Strömungen, zu der die Initiative Regionale Wahrheitskommission (Rekom) gehört. 2005 ins Leben gerufen, ist sie das bisher größte Bündnis regierungsunabhängiger Organisationen auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien. Beteiligt sind etwa 750 Organisationen aus den sieben Nachfolgestaaten der Föderation, aber auch ausländische Institutionen wie der deutsche Zivile Friedensdienst (ZFD) und Vereinigungen wie das »International Committee for missing Persons«.

Gemeinsam verfolgen sie das Ziel, eine unabhängige Untersuchungskommission ins Leben zu rufen und Menschenrechtsverletzungen, die zwischen Januar 1991 und Dezember 2001 begangen wurden, zu dokumentieren. In einer zentralen Datenbank soll auch das Schicksal der rund 15 000 immer noch Vermissten dargestellt werden.

Die Präsidenten Serbiens und Kroatiens, Boris Tadic und Ivo Josipovic, unterstützen die Initiative zwar offiziell, doch allgemein verhält sich die Politik recht zögerlich, wenn es darum geht, die eigenen Anteile am Konflikt unter die Lupe zu nehmen. Bis heute gibt es in keinem einzigen Nachfolgestaat Jugoslawiens ein vollständiges Opferverzeichnis, die Geschichte wird überall im Sinne der eigenen nationalen und wirtschaftlichen Interessen interpretiert.

Nun aber will die Zivilgesellschaft den Druck verstärken: Am 26. April begann in allen Staaten die Sammlung von Unterschriften für die Bildung einer Regionalen Wahrheitskommission. Bis 6. Juni sollen eine Million Unterschriften gesammelt werden, die den Regierungen gemeinsam mit einer entsprechenden Petition vorgelegt werden können.

Rekom-Aktivisten sind vor allem junge Leute wie die 25-jährige Tamara, Koordinatorin der Initiative in Sombor, im Norden der serbischen Vojdovina. Wie viele junge Menschen will Tamara vor allem eines: dass sich etwas bewegt. Das aber ist schwierig, wenn die Menschen in Apathie versinken und nicht an einen Wandel zum Besseren glauben. Die Jungen wie Tamara brauchen die ganze Wahrheit, nicht nur einen Teil davon. Dabei ist den meisten klar, dass die Offenlegung der Fakten noch nicht Versöhnung bedeutet. Die ist wahrscheinlich erst möglich, wenn Täter nicht mehr als Helden gefeiert werden.

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