Rechnung zahlt der Mieter?

Regierungspläne zur Gebäudesanierung ohne faire Lastenverteilung

  • Uwe Witt
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit rund 300 Millionen Tonnen CO2 verursacht der Gebäudesektor rund ein Drittel der deutschen Treibhausgasemissionen. Daher ist die energetischen Sanierung für den Klimaschutz sehr wichtig. Diese wird viel Geld kosten. Wer soll hauptsächlich zahlen: Vermieter, Mieter oder der Staat?

Schon vor Monaten warnte der Mieterbund: Bleibe es bei den Plänen der Bundesregierung zur energetischen Gebäudesanierung, so könnten auf die Mieter monatliche Mehrkosten von bis zu 300 Euro zukommen. Laut Energiekonzept der Bundesregierung sollen bis 2050 rund 19,5 Millionen Gebäude so saniert werden, dass sie bis zu 80 Prozent weniger Energie verbrauchen. Dafür müsste die jährliche Sanierungsrate auf rund zwei Prozent des Bestandes verdoppelt werden. Und das wird teuer. Denn die Einsparung an Heizkosten durch bessere Dämmung in Wänden und Kellern, durch moderne Fenster und effiziente Heizanlagen wird in vielen Fällen geringer sein als die Investitionskosten. Gutachten der InWIS GmbH sowie des Empirica-Instituts kommen netto entweder zu enormen Mehrbelastungen für die Mieter oder zur Unwirtschaftlichkeit von Sanierungen für die Vermieter, sollten sie die Mehrkosten auf die Miete nicht umlegen können.

Was gut für den Klimaschutz ist, könnte also sozialen Sprengstoff bergen. Genau darauf hat die Koalition bislang keine Antwort. Vor allem deshalb, weil sie 2010 die öffentlichen Mittel bei Programmen zur CO2-Gebäudesanierung und zur Städtebauförderung von jährlich zwei Milliarden Euro auf 450 Millionen Euro gekürzt hat.

Aktuell befindet sich ein Gesetzentwurf zur Mietrechtsänderung in der Ressortabstimmung der Bundesregierung, der das Problem noch verschärfen könnte. So sollen Mieter bei Sanierungen Baulärm und -schmutz erdulden müssen, ohne Mietminderung geltend machen zu können, und stärker an Sanierungskosten beteiligt werden. Zwar sollen weiterhin jährlich elf Prozent der Investitionskosten für Modernisierungen umlegbar sein. Der Begriff »Modernisierungskosten« soll aber deutlich weiter gefasst werden als bisher. Selbst Aufwendungen, von der der Mieter selbst nichts hat – etwa für den Austausch einer Etagen- durch eine emissionsärmere Fernheizung –, würden in der Kaltmiete landen.

Der Mieterbund will die Elf-Prozent-Regel hingegen abschaffen. Schließlich berge sie einen Anreiz, möglichst teuer zu sanieren.

Bislang fehlt eine faire Lastenverteilung zwischen Vermieter, Mieter und Staat. »Da ist vor allem die öffentliche Hand in der Pflicht«, sagt die umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Eva Bulling-Schröter. Das Ganze dürfe aber auch »kein Goldener Esel für Immobilienbesitzer« werden. Bis zu fünf Milliarden Euro öffentlicher Gelder im Jahr fordern etwa Mieterverbände.

Auch ist fraglich, bis zu welchem Sanierungsgrad die Dämmung am konkreten Gebäude ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll ist. Ab wann etwa wäre es interessanter, für den Klimaschutz stärker auf die Wärmeversorgung mit regenerativen Energien und hocheffizienten Mini-Kraftwerken zu setzen als darauf, noch die letzten Joule Wärmeverlust zu verhindern?

Am 26. Mai beschäftigt sich ein Fachgespräch der Linksfraktion in Berlin mit dem Thema. Erwartet werden Gutachter sowie Vertreter von Mieterbund und Wohnungswirtschaft. Anmeldungen unter www.linksfraktion.de oder Tel. (030) 27772 485.

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