Schengen in der Bremsspur

Streit in der EU um Rumänien, Bulgarien, und Dänemark

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 2 Min.

»Man schraubt die Zeit an den dänischen Grenzen zehn Jahre zurück, um einige osteuropäische Kriminelle zu fangen«, kritisierte gestern selbst die rechtsliberale dänische Tageszeitung »Jyllands-Posten«. Tausenden Menschen in der Grenzregion werde der Alltag erschwert. Kein Wunder, dass die Bewohner dort und andere Länder des Schengen-Raums protestierten. Auch beim Treffen der EU-Innenminister am Donnerstag in Luxemburg sorgten die Pläne Kopenhagens für die Wiedereinführung permanenter Grenzkontrollen an den Übergängen nach Deutschland und Schweden für Ärger. »Wir können nicht akzeptieren, dass die Schengen-Reisefreiheit auf kaltem Weg unterlaufen wird», meinte etwa Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich. Bereits vor Wochen hatte die EU-Kommission mit einer Klage gedroht, weil sie Verstöße gegen den Schengen-Vertrag fürchtet. Diesem gehören heute 25 Länder an, darunter 22 EU-Mitglieder (alle außer Großbritannien, Irland, Rumänien, Bulgarien und Zypern) sowie die Staaten Norwegen, Island und die Schweiz.

Auf kurzfristige Kontrollen in Ausnahmefällen allerdings hat man sich im Grundsatz schon geeinigt. Auslöser war die Flüchtlingswelle aus Nordafrika. Auch künftig sollen sie möglich sein. Einzelheiten wurden aber auch gestern noch nicht beschlossen. Die EU-Kommission soll in den nächsten Wochen einen Vorschlag zur Schengen-Reform machen. Die Innenminister wollen dazu Empfehlungen verabschieden, die dann auf dem EU-Gipfel Ende Juni beschlossen werden.

Derweil verzögert sich der Beitritt von Rumänien und Bulgarien, seit 2007 EU-Mitglieder, zum Schengen-Raum voraussichtlich bis 2012. »Wir brauchen für einen Beschluss Einstimmigkeit und die haben wir nicht«, sagte der belgische Staatssekretär Melchior Wathelet beim Ministertreffen. Ursprünglich sollten die Länder schon im Frühjahr Mitglieder werden. Die EU-Kommission sieht ihren Antrag auch positiv: »Beide Länder haben sehr viele Fortschritte gemacht und erfüllen die technischen Kriterien«, so Innenkommissarin Cecilia Malmström. Auch das Europaparlament hat sich am Mittwoch mit großer Mehrheit für eine Aufnahme ausgesprochen. Doch blockieren wichtige EU-Staaten wie Deutschland und Frankreich den geplanten Beitritt mit Verweis auf Korruption sowie mangelhafte Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit. Auch auch die Niederlande zeigen sich sehr skeptisch.

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