Ex-Lebenspartnerin erhält kein Umgangsrecht mit »gemeinsamem« Sohn

Familienrecht

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2005 begründeten Frau A und Frau B eine Lebenspartnerschaft. Frau B hatte aus einer Ehe drei erwachsene Kinder. Die Frauen wollten ein »gemeinsames« Kind. Mit Hilfe der Samenspende eines befreundeten Mannes brachte Frau A 2006 einen Jungen Y zur Welt. 2009 ging die Beziehung der Frauen in die Brüche. Man trennte sich nach heftigen, teils handgreiflichen Auseinandersetzungen.

Beim Familiengericht beantragte Frau B wöchentlichen Umgang mit dem Jungen. Dies wurde abgelehnt. Frau B sei zwar für das Kind eine Bezugsperson, so das Familiengericht. Angesichts der extrem angespannten Situation zwischen den Ex-Partnerinnen entspreche der Kontakt jedoch nicht dem Wohl des Kindes. Vor allem deshalb, weil Frau B das Sorgerecht von Frau A nicht respektiere, den Jungen als ihren Besitz ansehe und bei jedem Treffen versuche, ihn mit Spielsachen und anderen Angeboten zu ködern.

So sah es auch das Oberlandesgericht Karlsruhe. Es wies die Beschwerde von Frau B gegen die Entscheidung des Familiengerichts zurück. Frau B habe zwar mit Y eine Zeitlang in einem Haushalt gelebt und sich um ihn gekümmert. Bei der Geburt eines Kindes erlangten Lebenspartnerinnen der Mutter jedoch nicht automatisch (wie ein Ehemann) das elterliche Sorgerecht. Frau B sei kein »Elternteil«. Das wäre sie nur durch eine sogenannte Stiefkindadoption geworden.

Sozialen Bezugspersonen stehe das Recht auf Umgang nur zu, wenn er dem Wohl des Kindes diene. Dies habe das Familiengericht zu Recht verneint. Frau B halte sich für »die eigentliche Mutter«, habe dem Jungen bei jedem Treffen versprochen, er »komme bald wieder nach Hause«. Das verstärke den Zwiespalt des Kindes. Ständig mit der gegenseitigen Ablehnung konfrontiert, sei Y ohnehin emotional hin- und hergerissen. Angesichts des extremen Konflikts der Ex-Partnerinnen gleiche sein Umgang mit beiden Frauen »einem Gang durch ein Minenfeld«.
Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. November 2010, Az. 5 UF 217/10

Vater fordert Auskunft über Psychotherapie

Bei berechtigtem Interesse kann ein Elternteil vom anderen Auskunft über persönliche Verhältnisse des Kindes verlangen, soweit dies dem Wohl des Kindes entspricht. Auf dieses Gesetz pochte der geschiedene, nicht sorgeberechtigte Vater eines 16-Jährigen. Der Jugendliche war zwei Jahre vorher in psychotherapeutischer Behandlung gewesen.

Nun wollte der Vater den Namen der Therapeutin erfahren und Einzelheiten der Behandlung. Beim Amtsgericht beantragte er, die Psychotherapeutin von ihrer Schweigepflicht zu entbinden. Doch der Sohn verweigerte das strikt – sein Verhältnis zum Vater war schwer gestört. Deshalb lehnte der Amtsrichter den Antrag ab. Die Rechtsbeschwerde des Vaters gegen die Entscheidung scheiterte beim Kammergericht in Berlin.

Neben Diagnose und Therapie unterliege auch die Dauer der Behandlung der Schweigepflicht. Gegen den Willen des Patienten dürfe die Psychotherapeutin keinerlei Auskünfte erteilen, betonte das Gericht. Ob der Vater ohne den Widerspruch des Sohnes einen Anspruch auf Auskunft hätte, könne offen bleiben.

Denn der Sohn habe dem Antrag vehement widersprochen und dem Willen eines 16-Jährigen komme erhebliche Bedeutung zu. Jugendliche seien in der Regel schon reif und fähig zur Selbstbestimmung, da müsse die elterliche Sorge allmählich zurücktreten. Der Junge sei in der Lage, selbstständige und vernünftige Urteile zu fällen. Außerdem sei die Behandlung schon lange abgeschlossen.
Beschluss des Kammergerichts in Berlin vom 28. Oktober 2010, Az. 19 UF 52/10

Zum Beweis eines »ehebedingten Nachteils«

Die 1957 in Belgien geborene Frau hatte dort Abitur abgelegt. Sie brach wegen ihrer ersten Ehe ein Medizinstudium ab und kam nach Deutschland. Nach dem Tod ihres ersten Mannes belegte Frau T Sprachkurse, um anschließend ein Lehramtsstudium zu beginnen. Doch dann lernte sie ihren zweiten Mann kennen. Frau T bekam 1987 Zwillinge, betreute die Kinder und arbeitete nebenbei in der Immobilienfirma des Mannes mit. 1995 wurde die Ehe geschieden.

Danach zog Frau T allein die Kinder auf und absolvierte gleichzeitig das Lehramtsstudium, das sie mit »sehr gut« abschloss. Seither ist sie bei einem Freien Gymnasium beschäftigt und verdient cirka 1500 Euro. Ihr Ex-Mann zahlt 923 Euro nachehelichen Unterhalt. Er zog vor Gericht, um diese Pflicht loszuwerden.

Seine Ex-Frau habe für die Heirat keine finanziellen Nachteile in Kauf genommen, fand der Immobilienmakler. Sie sei damals schon 29 Jahre alt gewesen, eine Stelle als verbeamtete Gymnasiallehrerin hätte sie nicht mehr erreicht.

Das Amtsgericht gab ihm Recht, doch das Oberlandesgericht Celle sah das anders. Frau T habe praktisch bewiesen, dass sie den Lehrerberuf ausüben könne. Das rechtfertige auch die Annahme eines dauerhaften ehebedingten Nachteils: Ohne Ehe und Kinder wäre sie längst verbeamtet.

Nach dem Tod des ersten Mannes habe sie bereits das Studium vorbereitet. Nach der Trennung vom zweiten Ehemann habe sie es – trotz Kinderbetreuung! – sofort aufgenommen und innerhalb der Regelstudienzeit sehr erfolgreich abgeschlossen. Das zweite Examen habe sie wegen einer Krankheit zwar nicht bestanden, ohne Doppelbelastung hätte sie es aber wohl geschafft.

Als verbeamtete oder im öffentlichen Dienst angestellte Gymnasiallehrerin würde die Frau längst ein gutes Gehalt erzielen. Die Differenz zwischen dem möglichen, guten Gehalt und ihrem jetzigen Einkommen sei höher als der nacheheliche Unterhalt, den der Ex-Mann bezahle. Mit dem zu zahlenden Betrag sei er eigentlich ganz gut bedient.
Urteil des Oberlandesgerichts Gelle vom 18. Mai 2010, Az. 10 UF 9/10

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