Drucker verteidigen 35-Stunden-Woche

Tarifabschluss nach zähen Verhandlungen und etlichen Warnstreiks

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.

In der Nacht zum Mittwoch stand das Ergebnis fest: Eine Einmalzahlung, zwei Prozent mehr Entgelt und der Manteltarifvertrag bleibt unangetastet – ein Erfolg für die Druckereiarbeiter.

Am Ende ging es doch glatter über die Bühne, als viele Akteure gehofft hatten. In der Nacht zum Mittwoch einigten sich die Unterhändler der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und des Bundesverbands Druck und Medien (bvdm) in der sechsten Verhandlungsrunde darauf, dass der bestehende Manteltarifvertrag (MTV) für die Druckindustrie die nächsten drei Jahre unverändert gelten soll. Damit bleibt es in den tarifgebundenen Betrieben der Branche bei der 35-Stunden-Woche.

Gleichzeitig vereinbarten ver.di und bvdm eine dreistufige Einkommenserhöhung. Demnach ist für September 2011 ein Einmalbetrag von 280 Euro für alle Vollzeitbeschäftigten und 140 Euro für Auszubildende vorgesehen. Ab August 2012 sollen die Einkommen um weitere zwei Prozent steigen, im Juli 2013 folgt eine weitere Einmalzahlung von 150 Euro bzw. 75 Euro für Auszubildende.

»Der Kampf hat sich gelohnt«, bilanzierte ver.di-Sekretär Rainer Sauer aus Essen die zurückliegenden Streiks, die über 100 Druckereien in der gesamten Republik erfasst hatten. Um den Druck zu verstärken, hatten am Dienstag noch einmal mehrere tausend Beschäftigte zwischen Konstanz und Geesthacht die Arbeit niedergelegt. In Bremen hatten sich am Dienstag rund 250 Streikende aus Druckereien und Zeitungsredaktionen in der Hansestadt und in Niedersachsen versammelt.

Unter den Gewerkschaftern machte sich Erleichterung über das Verhandlungsergebnis breit. »Keine Arbeitszeitverlängerung, keine Absenkung von Helferlöhnen, unveränderte Maschinenbesetzungsregelungen«, brachte ein Akteur die Bedeutung der vollen Beibehaltung des MTV auf den Punkt. Begehrlichkeiten im Arbeitgeberlager, durch Zermürbung und Spaltung der Streikfront für einen Teil der Betriebe die Arbeitszeit wieder zu verlängern oder die Löhne für angelernte Beschäftigte ohne Facharbeiterbrief zu drücken, seien damit vom Tisch. Viele ver.di-Aktivisten hatten sich schon auf einen Konflikt weit über die Sommermonate hinaus eingestellt. Dass die vereinbarten Lohnerhöhungen angesichts der aktuellen Inflationsrate den Reallohn nicht voll ausgleichen, dürfte den meisten Akteuren als vertretbares Opfer erscheinen. Emanuel Korakis, Betriebsrat bei der FAZ-Hausdruckerei FSD und Mitglied in der Tarifkommission, unterstrich die von der erfolgreichen Verteidigung der 35-Stunden-Woche ausgehende bundesweite Signalwirkung. Die Druckereiarbeiter hatten vor genau 27 Jahren in einem 13 Wochen dauernden Arbeitskampf den Einstieg in die Wochenarbeitszeitverkürzung errungen. Die damaligen Streiks eskalierten bis hin zu Angriffen auf Streikposten und Polizeieinsätzen.

Ein Merkmal dieser Tarifrunde lag im Schulterschluss zwischen Druckereibeschäftigten und Tageszeitungsredakteuren, die von unterschiedlichen Tarifverträgen erfasst werden. Dafür sorgte neben den Laufzeiten der Tarifverträge vor allem die Gleichartigkeit der Angriffe aus dem Unternehmerlager. Die Verhandlungen für Tageszeitungsredakteure gingen am Mittwoch in Berlin in die siebte Runde. Das Ergebnis der Gespräche zwischen dem Zeitungsverlegerverband BDZV und den Gewerkschaften ver.di und DJV stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest.

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