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Kinderrechte in Deutschland: »Föderaler Flickenteppich«
Neuer Index kritisiert Umsetzung von Kinderrechten in Deutschland
»Im Hinblick auf die Kinderrechte stehen wir weiterhin vor einem föderalen Flickenteppich«, resümiert Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerkes. Dabei trat bereits vor 33 Jahren in Deutschland die UN-Kinderrechtskonvention in Kraft. Als Leiterin des Wissenschaftlichen Beirates arbeitete Lütkes mit am Kinderrechte-Index 2025, den das Deutsche Kinderhilfswerk am Donnerstag vorstellte. Die Wissenschaftler*innen untersuchten, wie gut die einzelnen Bundesländer die UN-Kinderrechtskonvention umgesetzt haben. Dazu entwickelten sie vorab 101 Kinderrechte-Indikatoren aus verschiedenen Bereichen wie etwa Schutz oder Bildung. Das Ergebnis: »Es kann sich kein Bundesland zurücklehnen«, sagt Tim Stegemann, Autor der Studie.
Berlin, Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen haben die Kinderrechte im Vergleich am besten umgesetzt. Baden Württemberg, Bayern, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen schneiden durchschnittlich ab. Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Sachsen-Anhalt liegen unter dem Durchschnitt. Der Index soll den Landesregierungen als ein Instrument dienen, um ihre Kinderpolitik zu verbessern. Dafür beleuchteten die Wissenschaftler*innen auch positive Ansätze der Länder. »Die Aufgabe besteht darin, diese flächendeckend umzusetzen und dauerzuhaft zu sichern«, sagt Stegemann. Er fordert eine ressortübergreifende Kinder- und Jugendpolitik, insbesondere den Ausbau von Beteiligungsstrukturen für junge Menschen.
Über alle Bundesländer hinweg gilt, dass Kinder und Jugendliche deutlich häufiger als die Gesamtbevölkerung von Armut betroffen sind. 2024 waren bundesweit fast ein Viertel der Kinder von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, wie der ebenfalls aktuelle EU-Indikator AROPE berichtet. Bremen steht mit einer Armutsgefährdungsquote von 27 Prozent an erster Stelle, gefolgt vom Saarland mit 25 Prozent. Bayern (16,2 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (15,3 Prozent) und Sachsen (15,2 Prozent) liegen deutlich darunter.
Der Kinderrechte-Index kritisiert, dass nur Berlin, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen Strategien entwickelt haben, die explizit Kinderarmut vorbeugen sollen, so etwa die »Berliner Strategie gegen Kinder- und Familienarmut« von 2021. Unter anderem brauche es den Ausbau von Kitaplätzen, Bildungsangeboten und Jugendzentren. Lütkes meint: Es sei an vielen Stellen »keine alleinige Frage der Kassenlage, sondern vielmehr des politischen Willens«.
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