Uhlenhorster Theorie und Praxis

Der neue SPD-Senat korrigiert Hamburgs Wohnungsbaupolitik – aber nur ein bisschen

  • Mirko Knoche, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.
In Hamburg sollen künftig jedes Jahr 6000 neue Wohnungen entstehen – aber wo? In der Hansestadt gibt es schon seit Jahren etliche Konflikte um städtisches und privates Bauland.

Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz und Bausenatorin Jutta Blankau (beide SPD) haben dieser Tage einen »Vertrag für Hamburg« mit den Verwaltungschefs der sieben Stadtbezirke unterzeichnet. Darin regeln sie Verfahren, um möglichst schnell die Zielzahl von 6000 neuen Unterkünften zu erreichen. Rund ein Drittel davon soll öffentlich gefördert werden. Nun wollen Senat und Bezirke die dafür nötigen Flächen bereitstellen.

Doch in Hamburg gibt es schon seit Jahren Konflikte um städtisches und privates Bauland. Häufig ist der Zweck der Arbeiten umstritten. Fast ein Jahrzehnt lang wurden öffentliche Flächen nach dem Höchstgebotsverfahren verkauft. Der zahlungskräftigste Investor bekam den Zuschlag. Entsprechend teuer wurden die dort gebauten Immobilien vermietet und verpachtet.

Gelder fürs Millionengrab

So ist zum Beispiel mitten im berühmt-berüchtigten Vergnügungsviertel St. Pauli ein mehrere Hektar großes Areal mit hochwertigen Appartements entstanden. Aktuell wehrt sich dort die Initiative »No BNQ« gegen ein weiteres Nobelviertel im Bernhard-Nocht-Quartier (BNQ). Gleiches gilt für die nahegelegenen Esso-Häuser, wo Mieter sich gegen den Abriss ihrer lediglich sanierungsbedürftigen Wohnungen stellen.

Zentral gelegene Stadtteile werden »aufgewertet«, alteingesessene Mieter werden verdrängt. Das gilt außer für St. Pauli auch für Altona und St. Georg. In den Altonaer Quartieren Ottensen und Schanzenviertel ist dieser »Gentrifizierungsprozess« weitestgehend abgeschlossen. Die Gegner dieser Entwicklung haben sich im »Recht auf Stadt«-Netzwerk zusammengeschlossen. Sie formulieren vorwiegend die Anwohnerinteressen in den innerstädtischen Wohngebieten. Dazu gehört auch der Konflikt um das Großprojekt »Neue Mitte Altona«. Auf einem riesigen ehemaligen Rangierbahnhof soll ein ganzer Stadtteil aus dem Boden gestampft werden.

Sowohl in Altona als auch im übrigen Hamburg taucht immer wieder die gleiche Frage auf: Wann und wo wird bezahlbarer Wohnraum geschaffen? Die städtische Wohnungsbaugesellschaft SAGA/GWG – sie verwaltet 130 000 Wohneinheiten – hat im letzten Jahr nicht eine einzige neue Wohnung gebaut. Die CDU-Vorgängerregierungen hatten der SAGA auferlegt, jährlich 100 Millionen Euro an die Stadt abzuführen. Diese finanzierte damit das Millionengrab Elbphilharmonie. Der neue SPD-Senat will die SAGA nun verpflichten, jährlich 1000 neue Wohnungen zu errichten.

Bürgerbegehren angestrebt

In der öffentlichen Diskussion kaum beachtet sind Baugebiete außerhalb der begehrten Stadtteile im Zentrum. Im Quartier Uhlenhorst etwa lässt das Bezirksamt Hamburg-Nord ein großes Gelände planieren, auf dem früher ein Pflegeheim untergebracht war (ND berichtete). Für Unmut sorgt nicht nur, dass dort 600 Bäume weichen müssen, sondern auch, dass auf dem Areal 540 Stadtvillen und Luxusappartements errichtet werden sollen.

Eigentlich ist der bezirkliche Uhlenhorst-Bebauungsplan überholt, denn nach der neuen Senatslinie sollen öffentliche Grundstücke nun nach dem Konzeptverfahren ausgeschrieben werden. Nicht das Höchstgebot, sondern die sinnvollste Nutzungskonzeption soll über den Verkauf entscheiden. Praktisch jedoch halten das Bezirksamt Nord und die Finanzbehörde als Grundstücksverwalterin am alten Plan fest.

Nun will eine Bürgerinitiative mit einem Bürgerbegehren auf der Uhlenhorst preisgebundene Wohnungen durchsetzen. Auf einer Gründungsveranstaltung am letzten Donnerstag kommentierte der als Referent geladene Bürgerschaftsabgeordnete Joachim Bischoff von den Linkspartei: »Nur wenn Anwohner Druck machen, ändern Bezirk und Senat ihre Politik«.

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