Selbst entlarvt sich der Neonazi

Das Buch »Angriff von Rechtsaußen« enthüllt, wie die NPD den Fußball instrumentalisiert

  • Oliver Händler
  • Lesedauer: 2 Min.

»Fast jedes Wochenende läuft Stephan Haase mit einer Pfeife über einen holprigen Rasen in der Kreisliga C, am Bodensatz des Fußballs.« In jenen unteren Ligen sind Neonazis im deutschen Fußball zu Hause, zwar auch hier in der Minderheit, doch um einiges gefährlicher. Denn es sind nicht die offen hasardierenden Fans, sondern Trainer, ehrenamtliche Helfer und Schiedsrichter wie Stephan Haase: Funktionäre der NPD oder freier Kameradschaften, die den Fußball für ihre Zwecke nutzen. Wie? Darüber schreibt der Journalist Ronny Blaschke in seinem neuen Buch »Angriff von Rechtsaußen«.

Blaschke hält darin nicht bei Interviews mit DFB-Präsidenten oder universitären Gewaltforschern an, wenn sich auch diese im Buch wiederfinden. Er wagt den nächsten Schritt an die Wurzel, spricht direkt mit Leuten wie Haase oder dem NPD-Geschäftsführer Klaus Beier und lässt sie so sich selbst demaskieren. »Ihre Argumentationsmuster entlarven Demokratie- und Ausländerfeindlichkeit«, schreibt Blaschke.

»An erster Stelle steht für mich der Erhalt des deutschen Volkes«, ist Haases politisches Ziel. Seine Arbeit für die NPD könne er aber klar von seiner Schiedsrichtertätigkeit trennen, bei der er häufig auf noch formbare Jugendliche trifft, sagt er. Haase ist ein Beispiel dafür, wie sich Neonazis als Opfer inszenieren. Mit einem antidemokratischen Weltbild ausgestattet, wirft er denjenigen, die seinen Rücktritt fordern, vor, undemokratisch zu handeln. Dabei kann er sich auf die Unterstützung seines sportlichen Umfelds verlassen. Sein Obmann sagt: »Wenn er ordentlich pfeift, gibt es keinen Grund zu handeln.« Dass Haase auch bei geheimen Turnieren von Kameradschaften und »nationalen Aktivisten« pfeift, grenzt er gerne aus.

Blaschkes Buch zeigt mehrere solcher Fälle, in denen einerseits aus Angst vor Nazi-Protesten der Wille fehlt, sich von rechten Kräften zu trennen. Andererseits wird mit Hinweisen auf fehlende juristische Handhabe auf solche Schritte verzichtet. Erst wenn die mediale Aufmerksamkeit zu groß wird, handeln die Verantwortlichen und drängen auf freiwillige Austritte.

»Angriff von Rechtsaußen« gibt einen umfassenden Einblick darüber, wie die Rechten im Fußball agieren: Geheime Turniere auf Privatanwesen zum Ködern erlebnisorientierter Mitläufer, Konzerte, Unterwanderung der Stadionordner, codierte Kleidung und globalisierungskritische Rhetorik sind nur einige Beispiele.

Blaschke zeigt aber auch Strategien zu deren Bekämpfung auf. Wer endlich einmal erfahren will, was Sozialarbeiter in chronisch unterbezahlten Fanprojekten rechtsextremen Tendenzen entgegensetzen können, dem sei dieses Buch empfohlen.

Ronny Blaschke: Angriff von Rechtsaußen. Wie Neonazis den Fußball missbrauchen. Verlag Die Werkstatt. 224 S., brosch., 16,90 €.

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