Misere auf Südafrikas Arbeitsmarkt

Aktuelle Wachstumsschwäche, aber optimistische Prognosen für die kommenden Jahre

  • Armin Osmanovic, Johannesburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Auch im aufstrebenden Schwellenland Südafrika ist die Massenarbeitslosigkeit das drängendste Problem. Die schwächelnde Weltwirtschaft könnte dieses weiter verschärfen.

Südafrika bekommt die Wirtschaftsschwäche bei den wichtigen Handelspartnern in Nordamerika und Euroland zu spüren. Im ersten Quartal 2011 war das Bruttoinlandsprodukt von Afrikas größter Volkswirtschaft noch um 4,5 Prozent gewachsen. Zwischen April und Juni wurde nur noch ein Plus von 1,3 Prozent registriert.

Die neuerliche Wachstumsschwäche verstärkt die Misere auf dem südafrikanischen Arbeitsmarkt. 8,5 Millionen Menschen sind ohne Job. Dies entspricht einer Rekordarbeitslosigkeit von 25,7 Prozent. Jedes Jahr kommen 500 000 neue Arbeitskräfte hinzu, doch statt neue Arbeitsplätze zu schaffen, werden bestehende massiv abgebaut. Allein 2009 verlor Südafrika wegen der globalen Krise 950 000 Normalarbeitsverhältnisse. Aktuell gibt es fast so viele Arbeitssuchende wie permanent Beschäftigte ( 8,96 Millionen).

Dabei sollte 2011 das Startjahr der Arbeitsplatzschaffung werden, so hatte es Präsident Jacob Zuma in einer Rede an die Nation im Februar versprochen. Fünf Millionen Jobs müssten in den nächsten zehn Jahren geschaffen werden, um die Arbeitslosigkeit um zehn Prozentpunkte zu senken. Wenn sich die Krisen in Nordamerika und Euroland verschärfen, dürften in diesem und im nächsten Jahr weitere mehr als 500 000 Dauerarbeitsplätze verloren gehen. Schon heute schlagen sich in Südafrika mehr als in irgendeinem anderen vergleichbaren Land die Menschen mit prekärer Arbeit durch.

Die Krise des Arbeitsmarktes befeuert die politischen Diskussionen im Land. Immer mehr warnende Stimmen werden laut, die befürchten, dass die Lage am Kap zu kippen droht, sollte es nicht schnell gelingen, neue Arbeitsplätze in großem Umfang zu schaffen. Proteste flackern hier und dort auf, häufig gewalttätig.

Darüber, wie für mehr Beschäftigung gesorgt werden kann, wird im Land heftig gestritten. Hoffnung setzt die ANC-Regierung auf das neue »Community Works Programme« (CWP). Diesem zufolge sollen eine Million Menschen Parks sauber halten, lokale Gemüsegärten pflegen und Bürgersteige oder Schulen instand setzen.

Das Arbeitsbeschaffungsprogramm zielt auf schlecht ausgebildete Menschen – davon gibt es viele. Ein aktueller UNESCO-Report zeigt, dass trotz aller Fortschritte noch immer fast zehn Millionen Menschen in Südafrika nicht oder nicht ausreichend lesen und schreiben können. Diesen Menschen bietet der Staat mit dem neuen Programm eine Arbeit, bei der sie umgerechnet 50 Euro im Monat verdienen. Trotz dieses niedrigen Lohns ist das Programm mit derzeit 90 000 Arbeitnehmern gut nachgefragt, da es vor allem im ländlichen Raum und in den Townships kaum Alternativen gibt.

Den ernüchternden Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt steht eine neue Studie von Analysten der Bank of America und Merrill Lynch gegenüber, die Südafrika langfristig ein starkes Wachstum vorhersagt. Wie im Rest von Afrika werde auch am Kap das Wachstum durch den Konsumhunger der sozial aufsteigenden Haushalte aus der schwarzen Mittelschicht angefeuert. Es sei, so Staudienautor Matthew Sharratt, damit zu rechnen, dass sich zahlreiche weitere Haushalte aus der Armut befreien könnten, auch weil die Regierung gerade arme Familien gezielt unterstütze – etwa durch den Bau von kostengünstigen Wohnungen.

Gestützt wird diese Sichtweise von Gareth Ackermann, dem Chef der zweitgrößten Supermarktkette des Landes, Pick 'n Pay. Gegenüber der Zeitung »Financial Mail« erklärte er: »Die Menschen steigen schnell auf in Südafrika, mehr und mehr kommen sie in unsere Shops und nicht mehr zu den informellen Händlern.«

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