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Manche Police sind nicht nur teuer, sondern auch sinnlos

ND-Serie: Welche Versicherungen Sie wirklich brauchen (Teil 22)

  • Lesedauer: 4 Min.
In einer Artikelserie zum umfangreichen Thema Versicherungen behandelt unser Autor HERMANNUS PFEIFFER, Wirtschaftspublizist in Hamburg, jeden Mittwoch an dieser Stelle unterschiedliche Aspekte und Probleme über Versicherungen im Alltag, über Sachversicherungen oder Versicherungen zur Gesundheit und Arbeit. Im heutigen Teil 22 geht es um »überflüssige« Versicherungen.

2010 wurden 180 Milliarden Euro an Beiträgen an die knapp 600 Versicherungsunternehmen entrichtet. Dabei ist das Geld oft schlecht investiert, manch eine (kostspielige) Police ist sinnlos oder zu teuer. Viele Bundesbürger versichern sich falsch. Doch welches sind »überflüssige« Verträge?

Die Bundesbürger haben rund 22 Millionen Pkw Vollkasko versichert – und nur knapp 17 Millionen Menschen haben eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen, mit der sie statt Blech ihre eigene Arbeitskraft finanziell absichern. In anderen Industriestaaten werden pro Kopf der Bevölkerung weit mehr Prämien für Versicherungen des Lebens als für Sachversicherungen gezahlt. Welche Versicherungsarten sind überflüssig?

Glasbruchversicherung: Der Bruch einer Glasscheibe ist in der Regel finanziell zu verkraften. Doch in vielen Hausratversicherungsverträgen findet sich eine zusätzliche Glasbruchabsicherung. Diese ist im Verhältnis zu dem, was sie fortlaufend kostet und dem, was sie notfalls bei einem Schaden einbringt, oft zu teuer. Den zusätzlichen finanziellen Daueraufwand einer Glasbruchversicherung können Sie sich also ersparen.

Fahrradversicherung: Auch der Verlust eines Fahrrades ist meistens zu bewältigen. Dagegen sind die Beiträge für eine Fahrradversicherung vergleichsweise hoch. Im Übrigen ist meist ein hoher Selbstbehalt im Schadenfall fällig. Sie zahlen also selber 50 oder 200 Euro. Nur bei sehr teuren Rädern kann ein Schutz zweckmäßig sein. Prüfen Sie jedoch genau die Versicherungsbedingungen, sonst kann es passieren, dass Sie sich nicht allein über ein geklautes Rad ärgern, sondern auch noch über den Versicherer, weil ausgerechnet diese Variante des Diebstahls unversichert blieb.

Gleiches gilt für Zusatzklauseln »Rad« in einer Hausratversicherung: Oft sind Versicherte deutlich überversichert, wenn der Versicherungsvertrag in prozentualer Abhängigkeit zur Hausratversicherung steht. Ersetzt bekämen Sie nur den tatsächlichen Schaden. Das auch nur, wenn das Rad abgeschlossen oder im abgeschlossenen Raum gestanden hatte. Fahrradversicherung ist Luxusversicherung.

Insassenunfallversicherung: Für eine Insassenunfallversicherung besteht im Regelfall kein Bedarf. Wird beim Unfall ein Insasse im Auto verletzt und hat dieser Ansprüche gegen den Fahrer des Unfallwagens, so zahlt die Kfz-Haftpflicht.

Krankenhaustagegeldversicherung: Sie erbringt die gleichen Leistungen wie die Krankentagegeldversicherung. Aber nur – wie der Name verrät –, wenn Sie ins Krankenhaus kommen. Doch wird diese Police teuer bezahlt. Überlegen Sie, wie selten Sie in der Vergangenheit im Krankenhaus lagen. Befürchten Sie beispielsweise als Freiberufler Einkommensverluste wegen längerer Krankheit, sollten Sie lieber eine Krankentagegeldversicherung abschließen, die auch dann zahlt, wenn sie krank sind (jedoch nicht ins Krankenhaus müssen). Über den Abschluss einer Krankenhaustagegeldversicherung sollten Sie allenfalls nachdenken, wenn Sie sich die wesentlich teurere Krankentagegeldversicherung nicht leisten wollen.

Sterbegeldversicherung: Diese Versicherung ist eigentlich eine (Kapital-) Lebensversicherung. Sie weist unterm Strich kaum eine Rendite auf, da der größte Teil der eingezahlten Beiträge für den Todesfall der versicherten Person zurückgelegt wird. Günstiger ist es, rechtzeitig einen Rentenfonds oder einen Banksparplan zu besparen und diesen den Erben für Beerdigungskosten zur Verfügung zu stellen.

Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr: Diese Versicherungsvariante ist durchaus beliebt und doch meistens überflüssig. Verkauft wird diese Unfallversicherung mit dem Argument, dass man im günstigen Fall nicht allein die Beiträge zurückbekommt, sondern noch einiges darüber hinaus. Doch ist dieser Sparvorgang nicht sonderlich effektiv. Entscheiden Sie sich bei Bedarf lieber für eine (preiswertere) Unfallrisikoabsicherung.

Reisegepäckversicherung: Sie bietet für einen relativ hohen Betrag nur einen relativ minimalen Schutz. Im Schadenfall lehnen Versicherer in einer Vielzahl der uns bekannten Fälle eine Schadenersatzleistung ab – mit Erfolg. Begründet wird die Ablehnung mit der Behauptung, der Schaden sei durch »grobe Fahrlässigkeit« herbeigeführt worden. Halten Sie jedoch alle vom Unternehmen vorgeschriebenen, umständlichen Regeln im Urlaub ein, hat ein Dieb keine Chance, etwas zu klauen. In diesem Fall benötigen Sie jedoch auch keine Versicherungspolice.

Tierkrankenversicherung: Tierarztkosten können sehr hoch ausfallen. Eine gute Versicherung könnte also nützlich sein, doch Tierkrankenversicherer zahlen oft nicht, zu zahlreich sind die vertraglichen Einschränkungen, für die der Versicherer nicht aufkommt. Zudem ist ein Selbstbehalt üblich. Es ist daher vom Abschluss einer Tierkrankenversicherung abzuraten.

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Haben Sie eine Versicherung entdeckt, die Sie für überflüssig halten? Dann kündigen Sie. Seit 2009 können Versicherte den Vertrag nach spätestens drei Jahren und in der Folgezeit zumindest jährlich kündigen. Möglich ist auch eine sogenannte Sonderkündigung nach einem Schadenfall.

Teil 23 in der nächsten Woche: Versicherungen für jene, die im Ausland arbeiten oder studieren

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