Rechentricks gegen Abwanderung

In Bayern will die CSU schrumpfende Gemeinden künftig besserstellen

  • Georg Schmid, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Alle in Bayerns Landtag reden von den Problemen des ländlichen Raums – doch getan hat sich bisher wenig. Die CSU will nun Nägel mit Köpfen machen und von Abwanderung betroffene Gemeinden finanziell besserstellen. Doch der Umfang ist bislang unklar und um die Bildungsausgaben gibt es bereits Gehakel in der CSU/FDP-Koalition in München.

Staffelstein. Die CSU will von Abwanderung und Bevölkerungsschwund betroffene Gemeinden Bayerns finanziell unterstützen. Finanzminister Georg Fahrenschon unterstützt zwei Vorschläge aus der CSU-Landtagsfraktion, mit denen diese Kommunen als Ausgleich einen Demografiebonus bekommen sollen.

Einerseits sollen betroffene Gemeinden bei den Investitionszuschüssen bessergestellt werden. Zweitens sollen diese Gemeinden im Finanzausgleich auch bei den Schlüsselzuweisungen bevorteilt werden – und zwar mit Hilfe eines Rechentricks. Als Grundlage für den Zuschuss soll nicht wie bisher die Einwohnerzahl der vergangenen fünf Jahre dienen, sondern die der vergangenen zehn Jahre. »Das sind zwei Punkte, die ich unterstütze«, sagte Fahrenschon am Dienstag am Rande der CSU-Klausur in Kloster Banz.

Der Norden verliert

Ausgearbeitet hat die Vorschläge der oberfränkische Abgeordnete Alexander König, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Fraktion. Hintergrund ist die ungleiche Bevölkerungsentwicklung in Bayern: Der Süden wächst, der Nordosten verliert Einwohner.

Die Koalition will einen Teil der Steuermehreinnahmen nutzen, um etwa 500 Millionen Euro in den ländlichen Raum, Bildung, Energiewende und andere Dinge zu investieren. Gleichzeitig ist aber im Haushalt 2012 bislang eine Kürzung der Investitionen um etwa 500 Millionen Euro vorgesehen, so dass unklar ist, ob und wie viel Geld am Ende tatsächlich mehr ausgegeben werden soll und kann. Priorität hat der ausgeglichene Haushalt, wie Fahrenschon betonte. »Die Grundlinie ist klar: Auch der Nachtragshaushalt 2012 wird ohne neue Schulden auskommen.« Und an die Adresse ausgabefreudiger Abgeordneter in beiden Regierungsfraktionen sagte der Finanzminister: »Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in eine Ausgabeneuphorie verfallen.«

Um die Bildungsausgaben zeichnet sich bereits Streit in der Münchner CSU/FDP-Koalition ab. Die CSU-Fraktion will vorrangig Ganztagsangebote an den Schulen ausbauen und den Unterrichtsausfall an den Schulen verringern – wofür zusätzliche Lehrerstellen nötig wären. »Es kann nicht sein, dass es drei, vier Wochen keinen Chemieunterricht, keinen Matheunterricht gibt am Gymnasium«, sagte Fraktionschef Georg Schmid dazu. Ganztagsbetreuung solle »überall dort stattfinden, wo sie gewünscht wird«.

Fahrenschon skeptisch

Finanzminister Fahrenschon (CSU) beurteilt die Einführung eines kostenlosen letzten Kindergartenjahres skeptisch, wie sie Teile der FDP-Fraktion fordern. »Ich kann nur dazu auffordern, sich das genau zu überlegen«, sagte Fahrenschon. Weit mehr als 95 Prozent der Kinder besuchten bereits einen Kindergarten. »Die Zielrichtung, noch mehr Kinder in den Kindergarten zu bringen, steht eigentlich nicht an.«

Auch bei den von Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) geforderten 10 000 neuen Studienplätzen will Fahrenschon noch keine Zusage geben. Er werde die Vorschläge mit den beiden haushaltspolitischen Sprechern von CSU und FDP abklopfen. »Da mache ich keine Vorfestlegungen«, sagte Fahrenschon. Der CSU-Hochschulexperte Bernd Sibler ist grundsätzlich ebenfalls für mehr Studienplätze, will aber erst die konkrete Bilanz des laufenden Jahres abwarten.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal