Hoch lebe die Chipkarte!
Kommentar von Silvia Ottow
Die Absicht des FDP-Gesundheitsministers Daniel Bahr, jeden Bundesbürger ab 16 Jahre zu seiner Organspendebereitschaft zu befragen und das Ergebnis – zumindest bei den Kassenpatienten – auf der Chipkarte zu dokumentieren, ist wohl einer der letzten Versuche, wenigstens irgend etwas Sinnvolles aus dem von dieser Partei dominierten Fachgebiet in die Zeit hinüberzuretten, in der die FDP Regierungsarbeit lediglich aus weiter Ferne beobachten kann. Das Präventionsgesetz – gar nicht erst in Angriff genommen. Das Versorgungsgesetz – als Lobbyarbeit für Mediziner entlarvt. Die neue Gebührenordnung für Zahnärzte – Geldgeschenke für Unbedürftige. Die Pflegereform – ausgefallen mangels Courage.
Da würde es jetzt schön passen, könnte man wenigstens mit einer Änderung des Transplantationsgesetzes die Zahl der Organspender erhöhen, um schwerkranken Patienten besser helfen zu können. Wobei noch zu fragen wäre, ob die Entscheidungslösung zu signifikant mehr Spendezustimmung bei den Menschen führen würde oder ob für einen solchen Sinneswandel in Größenordnungen nicht eher mehr Transparenz und mehr Vertrauen in den Medizinbetrieb vonnöten wären. Dazu haben die blaugelben Privatisierer ja auch nicht gerade beigetragen, im Gegenteil.
Das Schärfste ist allerdings, dass Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr die Haltung eines jeden Versicherten zur Organspende auf dessen Krankenkassenchipkarte dokumentieren möchte. Die haben er und seine Partei bis vor zwei Jahren noch vehement bekämpft, wegen der Kosten und wegen des unsicheren Datenschutzes. Aber was schert die FDP ihr Programm von gestern? Hoch lebe die Chipkarte!
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