Das Hohelied der Alternativlosigkeit

Der Bundesrat hat nichts am erweiterten Euro-Rettungsschirm auszusetzen

  • Marian Krüger
  • Lesedauer: 3 Min.
Einen Tag nach dem Bundestag lässt auch die Länderkammer das Gesetz zur Erweiterung des Euro-Rettungsfonds EFSF passieren.
Auf der Sondersitzung des Bundesrates am Freitag ließen die Landesfürsten erwartungsgemäß den zuvor vom Bundestag gebilligten Euro-Rettungsschirm passieren. Da niemand einen Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses gestellt hatte und das Gesetz auch keiner formellen Zustimmung der Länderkammer bedurfte, verzichtete man gleich ganz auf die Abstimmung.

Ein guter Tag also, um staatsmännisches Pathos zu zelebrieren und politische Einigkeit zu demonstrieren. So wurde es eine recht gemütliche Sitzung, in der gleich acht Ministerpräsidenten und fünf Landesminister Grundsatzerklärungen vortrugen. Die Ministerpräsidenten von CDU, SPD und Grünen betonten unisono die Alternativlosigkeit des Rettungsschirms und die Notwendigkeit von Sozialreformen à la Agenda 2010, um die »Wettbewerbsfähigkeit« der EU-Staaten zu verbessern. Außerdem solle das Finanzwesen der EU-Mitgliedstaaten an einer Schuldenbremse nach deutschem Muster genesen.
Der Rettungsschirm sei nötig, um die Gemeinschaftswährung vor Spekulanten zu schützen und damit die »Finanzprobleme nicht auf die Realwirtschaft durchschlagen«, erklärte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD). Angesichts der rezessiven Tendenzen in denjenigen EU-Ländern, deren Sparprogramme die Konjunktur abwürgen, bleibt dies wohl ein frommer Wunsch. In einem Begleitantrag der SPD- und Grün-regierten Länder werden dann auch die Einführung der Finanztransaktionssteuer, das Verbot von Leerverkäufen und eine Europäische Ratingagentur gefordert. Außerdem müsse es weitere Programme zur Konjunkturstützung geben.

Positionen – die noch vor einiger Zeit nur von der LINKEN vertreten wurden – macht sich so der rot-grüne Mainstream zu Eigen, als wäre er schon immer dafür gewesen. »Ein zentraler Baustein der Stabilisierungsstrategie muss die Regulierung der Finanzmärkte sein, heißt es weiter, »die Verursacher der Krise müssen auch zu deren Überwindung einen wesentlichen Beitrag leisten«.

Volker Bouffier (CDU) hält neue Konjunkturprogramme für »Unsinn.« Sein bayerischer Kollege Horst Seehofer (CSU) nutzte die Sitzung, um nochmals starre Haltelinien für die deutsche EU-Politik zu benennen: »Wir stimmen heute zu, aber weitere Aufstockungen lehnen wir ab.« Ein »striktes Nein« gebe es auch zu Eurobonds. Die EU dürfe keine Haftungs- und Transferunion werden. Eine Umschuldung Griechenlands ist für ihn dagegen kein Tabu mehr. Widerspruch bekam Seehofer vom brandenburgischen Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (LINKE). Es sei klar, dass die beschlossenen Maßnahmen nicht ausreichten. Bei einer umfassenden Regulierung der Finanzmärkte dürfe es »keine Denkverbote geben«, da sonst die Gefahr bestehe, dass einzelne Länder aus der Euro-Zone herausbrechen. Angesichts der Wirtschafts- und Strukturhilfen der EU gerade für die ostdeutschen Länder sei die Diskussion gegen die Transferunion abseitig.

Der erweiterte Schutzschirm wurde inzwischen von 13 der 17 Euro-Staaten gebilligt. Der EFSF soll 2013 dann durch den sogenannten Europäischen Stabilitätsmechanismus abgelöst werden. Hier geht es nicht nur um Bürgschaften, sondern eine unmittelbare Einzahlungspflicht der Mitgliedsländer über ihre Staatshaushalte. Sollte die CSU bei den Haushaltsverhandlungen im nächsten Jahr dort ausscheren, wäre die Koalition wohl am Ende.
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