»Lex Eigennutz« eines FDP-Ministers

Streit um Denkmalschutz in Schleswig-Holstein

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.
In Schleswig-Holstein soll auf Betreiben vor allem der FDP das Denkmalschutzgesetz geändert werden. Die Novelle sieht bei der Festschreibung des Denkmal-Status ein Vetorecht für den Kulturminister vor. Kritiker befürchten eine schleichende Entmachtung des Landesamtes für Denkmalschutz, der Landeskonservator ist empört über das Vorgehen.
Der Denkmalschutz ist in Schleswig-Holstein zum politischen Zankapfel ersten Ranges geworden. Experten der Denkmalschutzbehörden werfen in diesem Zusammenhang insbesondere dem Bildungs- und Kulturminister Ekkehard Klug (FDP) ein selbstherrliches Verhalten vor. Der Streit dreht sich seit Monaten um ein von den Liberalen geplantes Novellierungsgesetz, bei dem es offenbar an erster Stelle um wirtschaftliche Belange von Eigentümern und erst nachrangig um kunst- und bauhistorische beziehungsweise architektonische Aspekte geht.

Die Diskussion kam insbesondere in Fahrt, als aufwendige und kostenträchtige Sanierungsmaßnahmen etwa beim Elmshorner Rathaus, beim Kieler Schloss und bei Gebäuden der Christian-Albrechts-Universität in Kiel seitens der Betroffenen angemahnt wurden. Denkmalschutz und eine energetische Erneuerung müssen sich nach Ansicht von Denkmalpflegern dabei überhaupt nicht ausschließen. Dazu führt Burkhard von Hennigs, Mitglied des Denkmalrates Schleswig-Holstein, das Beispiel der Kreisberufsschule in Bad Oldesloe an.

Der Rotstift als Maß


Schleswig-Holstein war einmal Vorreiter: 1958 wurde dort das erste Denkmalschutzgesetz in einem Bundesland geschaffen. Mit dem neuen Gesetzesvorhaben, das insbesondere von der FDP vorangetrieben und inzwischen bereits den Stempel »Lex Eigennutz« verpasst bekommen hat, isoliert man sich hingegen bundesweit. Dementsprechend protestierten inzwischen der Internationale Rat für Denkmalpflege, das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz und der Verband deutscher Kunsthistoriker. Der in Hamburg ansässige »Verein Freunde der Denkmalpflege« spricht davon, dass hier das »rückschrittlichste Denkmalschutzgesetz in Deutschland« auf den Weg gebracht werden soll. Für Bauten nach 1950 – wobei niemand genau herleiten kann, warum es gerade diese Jahreszahl sein soll – sieht die Novelle bei der Festschreibung des »Denkmal-Etiketts« und einer besonders schutzwürdigen Behandlung ein Vetorecht für den Minister vor. Ferner sollen Zuständigkeiten von oberen Denkmalbehörden auf die untere Kreisebene übertragen werden, wo zuletzt bei Personaleinsparungen der Rotstift das Maß aller Dinge war und fachspezifischer Sachverstand oft gar nicht anzutreffen ist. Die angedachte Richtung läuft auf eine schleichende Entmachtung des Landesamtes für Denkmalschutz hinaus.

Auf einer FDP-Veranstaltung im Kieler Landeshaus verteidigte Klug den Ministervorbehalt und merkte dabei an, dass man den Fachbehörden »das Feld nicht allein überlassen dürfe« – ein Affront gegen den Sachverstand des Landesamtes für Denkmalpflege.
Deren Leiter Michael Paarmann attackierte den Minister daraufhin scharf. Der Landeskonservator schäumte dabei vor Wut: Nie zuvor sei es ihm passiert, dass seiner Fachbehörde in der Öffentlichkeit durch einen Minister die Kompetenz abgesprochen wurde, erklärt Paarmann. In mehr als 50 Jahren habe das Landesamt seines Wissens nicht eine einzige juristische Auseinandersetzung verloren, fügte der Denkmalschutzexperte hinzu.

Ein Carstensen-Zitat


Die Kritiker des Ministers bedienen sich im Übrigen gern eines Zitats des Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen (CDU), der vor vier Jahren noch sagte: »Die Entscheidung über die Denkmaleigenschaft eines Gebäudes ist eine fachliche und keine politische.« Bezeichnend in diesem Zusammenhang ist, dass das Papier zu einem Gesetzes-Relaunch nicht als Kabinettsvorlage ins Parlament eingebracht wurde.
Die Opposition in Schleswig-Holstein unterstellt der FDP und Teilen der CDU nun zu verkennen, dass in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts sehr wohl Bedeutendes und Bewahrenswertes an Bauten oder Außenanlagen entstanden sei. Der Südschleswigsche Wählerverband, Partei der dänischen Minderheit, befürchtet eine Beschädigung des kulturellen Gedächtnisses des Landes.

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