Alarm im Intrigantenstadl

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Er hat?s geschafft. KT Freiherr von und zu Guttenberg hat wieder einen Posten, und zwar in Washington bei einer »Denkfabrik« namens Center for Strategic and International Studies. Gegen diesen Job war sein ehemaliger Doktorgrad nur ein Schmarrn; denn der Plagiator der Herzen darf sich nun ungestraft Distinguished Statesman nennen - angesehener Staatsmann.

Auch im Inland scharren die angesehenen Staatsmänner mit den Hufen. Der ganze Intrigantenstadl ist bereits auf die nächste Bundestagswahl fixiert - und weiß man denn, ob Schwarz-Gelb nicht sogar schon morgen früh das Handtuch wirft? SPD-Chef Sigmar Gabriel hat sich höchstpersönlich als Kanzler empfohlen. Er möchte unbedingt »die Stones« ausbremsen, Steinmeier und Steinbrück. Ursula von der Leyen bringt sich mit gequältem Liebreiz für die Nach-Merkel-Ära in Stellung, Pofalla mit kotig-zotigem Fäkaljargon. Doch alle beteuern scheinheilig, sie wünschten sich für den Posten des Kanzlers sehnlichst »einen jüngeren Helmut Schmidt«.

Bernd Hilder, Chefredakteur der »Leipziger Volkszeitung«, wäre mit dem Posten des MDR-Intendanten zufrieden gewesen. Er war der Lieblingskandidat der Sächsischen Staatskanzlei. Dann kam raus, dass er vor Jahren ein GEZ-Formular ausgefüllt hatte. Bei der Frage »Zahlen Sie Rundfunk- und Fernsehgebühren?« hatte er ein Ja angekreuzt und hinzugefügt: »Leider.« Darum stimmten bei der Intendantenwahl nur zwölf von 41 Rundfunkräten für ihn. Dumm gelaufen.

Auch die charmante Silvana Koch-Mehrin (FDP) ist in Nöten. Wie Guttenberg, der zweibeinige Kopierer, schrieb sie nicht nur ab und zu, sondern vor allem ab und wurde gleichfalls ihren Doktortitel los. Doch blieb ihr ja noch der Doppel-Posten EU-Vizepräsidentin & Mitglied im Petitionsausschuss. Im Brüsseler Parlament bezieht sie ein Abgeordnetengehalt von 8000 plus Kostenpauschale von 4300 Euro. Hinzu käme, theoretisch, für jede Sitzung ein Tagegeld von 300 Euro, das derzeit aber ausbleibt, denn seit November 2009 schwänzt sie beharrlich, ohne dass einer sie rausschmeißt. Da staunt der Langzeitarbeitslose, der Westerwelle aber wundert sich überhaupt nicht. Originalton Guido W.: »Sie vertritt uns im Europaparlament ausgezeichnet.«

Frage: Ist die FDP etwa nicht bloß die Partei der Schnösel, sondern auch noch die Partei der Drohnen? Zusatzfrage: Dürfen wir diesen Freundeskreis, der von einst angepeilten 18 auf 1,8 Prozent Wählerstimmen schrumpfte, überhaupt noch Partei nennen?! Und warum schrumpft sie so rapide, die FDP? Antwort: Weil die Wähler so schrecklich doof sind. Die Mehrheit der Bevölkerung, verrät uns Dirk Pfeil, FDP-Chef in Frankfurt am Main, habe »keine politische Bildung genossen«.

Je dynamischer die Partei der Nichtsbesseresverdienenden gegen null schrumpelt, desto schwärmerischer berichten die Medien über Steuersenkungen und ähnliche Schelmenstreiche dieser trostlosen Selbsterfahrungsgruppe. Wer lanciert eigentlich in jede TV-Labershow einen dieser liberalen Volksverdummer? Wer steckt dahinter? Die Reichen und Schönen? Die Mächtigen? Oder bloß die Hotelfritzen von der Mövenpick-Fraktion? Bei Jauch und Will verbreiten sich diese Flitzpiepen hemmungslos darüber, wer von ihnen welchen Posten kriegen soll, wer welchen Posten behält oder welchen Posten keinesfalls abgreifen darf. Mal ist Westerwelle Parteichef, mal Rösler, Kosename Baby Schimmerlos. Mal ist Rösler Gesundheits-, mal Wirtschaftsminister. Und was macht eigentlich Niebel? Am besten gar nicht dran rühren!

All diese Volksvertreter haben seit langem nicht ansatzweise den Versuch gemacht, das Volk zu vertreten. Sie beschäftigen sich lieber mit ihrem Traum vom vorderen Listenplatz. Doch auf den ist kein Verlass mehr. Manchmal nämlich schnellt das Pendel zurück und trifft die Weichteile des Artisten. Alte Zirkusweisheit.

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