- Politik
- Kommentiert
»Ein hoher Preis«
Zwischen Hubschraubern, Lazarett und Casino steht am Stützpunkt Tor 55 ein Zeltlager. Die Bewohner, Flüchtlinge aus Sirte, erzählen von einer entbehrungsreichen Zeit ohne Wasser, Strom und Telefonnetz in der Stadt. Dort, sagt ein Milizenkommandeur, habe man die Gaddafi-Treuen inzwischen auf einer Fläche von 500 Quadratmetern eingekreist.
Aus den Rohbauten einer neuen Hochhaussiedlung beschießen die Rebellen, die sich selbst »Revolutionäre« nennen, das bewusste Gebiet. Schwarzer Rauch steigt dort auf, Feuer brennen. Unter den Schützen - Studenten, Ingenieure, Arbeitslose, Jugendliche, Väter - ist Walid. Während er auf dem Beton kniet und aus dem Rohbaufenster schießt, schlägt im rechten Nachbarhaus, zehn Meter entfernt, eine Rakete ein, die auch die Umgebung erzittern lässt. Drei Rebellen sterben, sieben sind schwer verwundet. Auf der Ladefläche eines Pickups werden die Verwundeten weggefahren. Danach werden die Toten geborgen, in Decken gehüllt und ebenfalls abtransportiert, während eine Gruppe von 30 Rebellen ruft: »Gott ist groß.«
»Heute fielen an der Westfront 13«, sagt um 19 Uhr Oberarzt Abdulrahim im Feldlazarett in einer Schule. Auf den Fluren hocken erschöpfte Kämpfer. Immer wenn einer seinen Verletzungen erliegt, schießen die Rebellen minutenlang in die Luft. Zweimal tun sie das während dieser Stunde. Einer sagt: »Wir bezahlen einen hohen Preis für die Befreiung unseres Landes.«
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Linken, unabhängigen Journalismus stärken!
Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.
Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.