Wer überschuldet ist, sollte bis zum Jahresende ein P-Konto beantragen

Pfändungsschutz läuft bis zum Jahresende ab

  • Lesedauer: 4 Min.
Drei Millionen Haushalte in Deutschland gelten als überschuldet, doch die Zahl der tatsächlich betroffenen Menschen ist noch weit größer. »Überschuldet« bedeutet, es besteht kaum Hoffnung darauf, die ausstehenden Kredite normal zu tilgen. Im Alltag bedeutet Überschuldung häufig die Pfändung des Einkommens und von Wertgegenständen durch einen Gerichtsvollzieher.

Zum Problemfall wird in solcher Lebenslage sogar das Girokonto: Es kann nämlich durch den Zugriff von Gläubigern blockiert werden. Schnell stecken überschuldete Verbraucher dann auch im Alltag in einer Schuldenfalle fest, aus der mancher kein Entrinnen findet. Eine geradezu handfeste Erleichterung für Betroffene bietet seit einiger Zeit das sogenannte P-Konto - das Pfändungsschutz-Konto.

Das P-Konto wurde als Girokonto für Jedermann aufgrund einer Empfehlung der deutschen Kreditwirtschaft eingeführt. Die Geldwirtschaft beugte sich damit dem Druck, den vor allem Verbraucherschützer und Sozialverbände jahrelang auf Regierungen und Banken ausgeübt hatten. Am 1. Juli 2010 trat dann das neue Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes endlich in Kraft. Seither hat jeder Verbraucher das Recht, sein Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto umzuwandeln.

Pfändungsschutz in Höhe von 1028,89 Euro monatlich

Durch ein P-Konto besteht automatisch Pfändungsschutz des Guthabens in Höhe von derzeit 1028,89 Euro monatlich. Dabei ist es gleich, ob das Guthaben aus Arbeitseinkommen, Sozialleistungen, Spareinkünften oder sonstigen Einkünften stammt. Bestehen Unterhaltsverpflichtungen für Kinder oder Ehepartner, so können zusätzliche Freibeträge hinzukommen, für die erste Person 387,22 Euro, für die zweite bis fünfte Person jeweils weitere 215,73 Euro.

Ganz wichtig ist: Mit einem P-Konto haben Verbraucher die Möglichkeit, auch während einer Pfändung aktiv am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilzunehmen. Das Geld auf dem Konto ist automatisch vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt, so dass problemlos Mietzahlungen, Versicherungsprämien sowie Steuerzahlungen getätigt werden können. Früher mussten Überschuldete immer erst den Weg zum Gericht suchen, um ihren Zahlungsverkehr auf dem Girokonto zu regeln. Heute werden bereits 2,5 Millionen Pfändungsschutz-Konten bei deutschen Banken und Sparkassen geführt.

Wer bereits ein Girokonto bei einer Bank oder Sparkasse hat, kann es bei seinem Geldinstitut einfach in ein P-Konto umwandeln lassen. »Dies darf nichts kosten und muss zügig geschehen. Die Umwandlung darf maximal vier Tage dauern«, so eine Schuldnerberaterin der Verbraucherzentrale Hessen. Dies gilt selbst, wenn das Konto schon gepfändet wird.

Jedes bestehende Girokonto kann grundsätzlich in ein P-Konto umgewandelt werden. Jeder Verbraucher darf allerdings nur ein Pfändungsschutz-Konto führen. Ein Gemeinschaftskonto, das beispielsweise eine Lebensgemeinschaft führt, kann nicht als P-Konto weitergeführt werden.

Ab 2012 droht eine böse Böse Überraschung

Kontoinhabern, die bis über beide Ohren verschuldet sind, droht nun eine böse Überraschung: Am 31. Dezember 2011 endet der bisherige Schutz vor Kontopfändungen für das Existenzminimum auf normalen Girokonten. Den Pfändungsschutz und auch den Verrechnungsschutz bei Sozialleistungen wird es ab 2012 nur noch auf einem Pfändungsschutzkonto geben. Verbraucher, die von einer Pfändung betroffen sind, sollten deshalb rechtzeitig vor Jahresende ihr Girokonto in ein P-Konto umwandeln.

Wer nicht rechtzeitig etwas unternimmt, kann beispielsweise seine Miete und seinen Strom nicht mehr überweisen, wenn Gläubiger die laufenden Eingänge auf dem Konto sperren lassen. Auch Geldautomaten dürften kein Bargeld mehr auswerfen. Auf einem P-Konto besteht dagegen - wie eingangs beschrieben - automatisch ein Pfändungsschutz für den Grundfreibetrag (1028,89 Euro).

Verbraucherschützer: Kritik wegen Zusatzgebühren

Doch es lohnt sich auch beim P-Konto, auf den Preis zu achten. Kritik an der Bankpraxis kommt nämlich von Verbraucherschützern. Deren Bundesverband VZBV hat 33 Kreditinstitute abgemahnt, weil sie für P-Konten Zusatzgebühren von bis zu 15 Euro verlangen. darunter die Deutsche Bank, die Norisbank und die Sparkasse Altmark-West.

»Die Geldinstitute lassen sich dafür bezahlen, dass sie eine gesetzliche Pflicht erfüllen«, kritisierte VZBV-Vorstand Gerd Billen. Jeder Kontoinhaber habe das Recht, sein Konto als P-Konto führen zu lassen. Einige Banken haben sich mittlerweile verpflichtet, dies zu ändern, aber längst nicht alle. Verbraucher sind also gut beraten, wenn Sie auch beim P-Konto die Angebote mehrerer Banken genau miteinander vergleichen.

Ein Problem stellen auch die diversen Bescheinigungen dar, die der Bank oder Sparkasse für die Einrichtung eines P-Kontos vorzulegen sind. Diese sind erforderlich, um etwa den Bezug von Arbeitslosen- oder Kindergeld, Altersrente oder Sozialhilfe nachzuweisen. Unterhaltspflichten müssen gegenüber Angehörigen auf diese Weise belegt werden, um einen höheren Freibetrag zu sichern. Der Bankenverband BdB weist darauf hin, dass die notwendigen Bescheinigungen von einer Vielzahl von Stellen kostenlos ausgefertigt werden, etwa von Arbeitgebern und Sozialleistungsträgern wie der Arbeitsagentur, von Familienkassen und öffentlichen Schuldnerberatungsstellen. Dagegen nehmen Rechtsanwälte und Steuerberater in der Regel ein Honorar.

HERMANNUS PFEIFFER

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal