Droht Hauseigentümern auf fremdem Grund Verjährung? Wie können Ansprüche gesichert werden?

Ansprüche nach Sachenrechtsbereinigungsgesetz

  • Lesedauer: 7 Min.
Seit einiger Zeit wird darauf aufmerksam gemacht, dass zum Ende diesen Jahres Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG) verjähren können.

Das Gesetz selbst ist bei vielen - außer den Betroffenen - nahezu in Vergessenheit geraten, da die Zahl der noch offenen Fälle deutlich überschaubarer geworden ist als zum Zeitpunkt des Inkrafttretens, zum einen aufgrund der mittlerweile in vielen Punkten gefestigten Rechtsprechung, zum anderen auch wegen der erfolgreichen Realisierung einer Sachenrechtsbereinigung in vielen Fällen.

1. Welche Fälle sind erfasst?

Das SachenRBerG erfasst vor allem die Fälle des Auseinanderfallens von Grundstücks- und Gebäudeeigentum, gleich ob das Gebäudeeigentum im Grundbuch gesichert ist oder nicht. Des weiteren sollten auch die Eigentumsverhältnisse in den Fällen bereinigt werden, bei denen nicht vollzogene Kaufverträge vorlagen. Schließlich hat das SachenRBerG auch Fälle sogenannter faktischer Mitbenutzungen an fremden Grundstücken erfasst.

Die Lösung im Gesetz ist eine Bereinigung der Eigentumsverhältnisse durch - nach Wahl des Nutzers - entweder Ankauf des Grundstücks zum halben Verkehrswert oder Bestellung eines Erbbaurechts zu begünstigten Bedingungen. Für die faktischen Mitbenutzungen an fremden Grundstücken wurden unter den im Gesetz bestimmten Voraussetzungen Ansprüche auf Bestellung von Dienstbarkeiten eröffnet.

All diese Fälle sind betroffen, wenn heute von einer möglichen Verjährung der Anspruchsdurchsetzung gesprochen wird. Nicht selten geht es dabei um Fallgestaltungen, in denen gescheiterte Modrow-Kaufverträge nur noch über Neuabschlüsse von Kaufverträgen nach dem SachenRBerG »zu heilen« sind, um zahlreiche offene Fälle in Kleingartenanlagen, in denen bis einige Zeit über die Jahrtausendwende nicht klar war, ob die Fälle dem SachenRBerG unterfallen, sowie um Fälle, deren praktische Vollzugsmöglichkeit am Bestehen noch nicht entschiedener Rückübertragungsansprüche nach dem Vermögensgesetz (VermG) oder noch nicht erfolgter Vermögenszuordnung oder auch an der unbekannten Identität bzw. dem unbekannten Aufenthaltsort des Eigentümers scheitert.

2. Drohende Verjährung

Eine ausdrückliche Regelung zur Verjährung in diesen Fällen lässt das Sachenrechtsbereinigungsgesetz vermissen.

Ungeachtet dessen, dass in nicht wenigen der noch offenen Sachenrechtsbereinigungsfälle die Eigentümer, denen gegenüber die Ansprüche geltend zu machen sind, nicht bekannt oder nicht hinreichend bestimmbar sind, droht - folgt man einer maßgeblichen Meinung von Kommentatoren zu dieser Problematik -, dass diesen Ansprüchen nach dem 31. Dezember 2011 von Seiten der Eigentümer die Verjährung entgegengehalten wird.

Dies wird maßgeblich darauf gestützt, dass es sich bei den sich aus dem SachenRBerG ergebenden Ansprüchen um sogenannte schuldrechtliche Ansprüche handelt, die im Verhältnis zwischen Grundstückseigentümer und Nutzer dinglich umgesetzt, also erfüllt werden müssen. Das heißt, es müssen Kauf- bzw. Erbbaurechtsverträge abgeschlossen oder Dienstbarkeiten bestellt werden.

Das diskutierte Ende der Verjährungsfrist resultiert daher, dass zum 1. Januar 2002 erhebliche Änderungen mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts im BGB in Kraft getreten sind, die auch die regelmäßigen Verjährungsfristen geändert haben. Auf diese allgemeinen Regelungen ist wohl mangels ausdrücklicher Regelung im SachenRBerG zurückzugreifen.

Die maßgeblichen neuen Verjährungsfristen sind kürzer als die alten, werden beginnend ab dem 1. Januar 2002 berechnet. Sie haben zur Folge, dass die Ansprüche aus dem SachenRBerG auf Erbbaurechtsbestellung (gemäß § 32 SachenRBerG), auf Abschluss eines Kaufvertrages (gemäß § 61 SachenRBerG) und auch auf Bestellung von Dienstbarkeiten (gemäß § 116 SachenRBerG) der Verjährungsfrist nach § 196 BGB von zehn Jahren unterfallen. Das führt bei einem Verjährungsbeginn am 1. Januar 2002 zum Ablauf der Verjährungsfrist mit dem 31. Dezember 2011.

Insofern gewinnt an Bedeutung - da und solange der Gesetzgeber nicht tätig geworden ist -, sich Gedanken darüber zu machen, wie eine möglicherweise zum Ende des Jahres eintretende Verjährung gehemmt werden kann, um auch nach dem 31.Dezember 2011 noch Konstellationen, die dem SachenRBerG unterfallen, einer Lösung zuzuführen.

Naturgemäß ist, wenn schon der Eintritt der Verjährung unter Juristen umstritten ist, erst recht umstritten, welche Sicherungsmöglichkeiten notwendig bzw. ausreichend sind, um die Verjährung zu umgehen.

3. Welche Möglichkeiten für die Sicherung bestehen?

Am unproblematischsten ist der klar im Gesetz geregelte Fall für eine Hemmung der Verjährung, dass eine Klage beim Gericht anhängig gemacht wird (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Das trifft sowohl für die Erhebung der Klage auf Feststellung der Anspruchsberechtigung gemäß § 108 SachenRBerG, als auch für die Bereinigungsklage gemäß § 103 SachenRBerG und auch die Klage auf Bestellung einer Dienstbarkeit nach § 116 SachenRBerG zu.

Dem BGB zu entnehmende weitere Tatbestände, die zu einer Hemmung der Verjährung führen, sind insbesondere das Schweben von Verhandlungen zwischen Eigentümer und Nutzer über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände (§ 203 BGB). Das aber gilt nur für die Dauer der Verhandlungen. So kann durchaus vor Ablauf der Verjährungsfrist, also noch in diesem Jahr, von Seiten des Eigentümers wirksam erklärt werden, dass - auch nur befristet - auf die Einrede der Verjährung verzichtet und auch eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Parteien getroffen wird. Beansprucht werden kann dies allerdings nicht von einer Partei.

Ob auch die Einleitung eines im Sachenrechtsbereinigungsgesetz vorgesehenen notariellen Vermittlungsverfahrens ausreichend ist, die Verjährung zu hemmen, ist umstritten und wird sicher erst - zu spät, um für Nutzer eine definitive Sicherheit zu geben - nach dem 31. Dezember 2011 von einem Gericht entschieden werden.

Immerhin spricht vieles dafür, dass in den Fällen, in denen über den Inhalt eines Bereinigungsvertrages gestritten wird, die Einleitung eines notariellen Vermittlungsverfahrens ausreicht. Denn für diesen Fall ist der Bereinigungsklage nach dem SachenRBerG ein erfolglos durchgeführtes notarielles Vermittlungsverfahren mit notariellem Vermittlungsvorschlag als prozessuale Voraussetzung vorzuschalten (§ 104 SachenRBerG).

Meist wird jedoch um die Anspruchsberechtigung selbst gestritten werden. Hier scheint eine Hemmung durch Einleitung eines notariellen Vermittlungsverfahrens in solchen Fällen denkbar, in denen mangels genauer Kenntnis des Eigentümers der genaue Klagegegner nicht bekannt ist.

Dies sind insbesondere solche Fälle, in denen Rückübertragungsansprüche auf Grundstücke noch nicht beschieden wurden und daher vom Notar bei der Vermittlung auszusetzen sind (§ 94 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG).

Gut denkbar ist auch, dass die Einleitung anderer Verfahren, so der Bodensonderung nach § 1 Bodensonderungsgesetz (BoSoG) oder nach § 53 ff. Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LwAnpG), ebenfalls zu einer Hemmung der Verjährung führt.

Zu betonen ist jedoch nochmals: Eine definitive Sicherheit kann mangels entsprechender Festlegung des Gesetzgebers nicht gegeben werden, ob die Einleitung der vorgenannten Verfahren tatsächlich eine Hemmung der Verjährung herbeiführt.

Jedenfalls in den Fällen der faktischen Mitbenutzungen, die durch Dienstbarkeit zu sichern sind, hilft auch die Einleitung eines notariellen Vermittlungsverfahrens nicht, da das SachenRBerG dieses Verfahren nur für die Fälle des Ankaufs und der Erbbaurechtsbestellung vorsieht.

Klar ist indes: Die vielfach bei Verzögerung der Sachenrechtsbereinigung von Seiten der Nutzer betriebenen Eintragungsvermerke zur Sicherung der Ansprüche, die gemäß Art. 233 § 2 c Abs. 2 EGBGB, § 92 Abs. 5 und 6 SachenRBerG entweder inner- oder außerhalb von Verfahren im Grundbuch eingetragen wurden, nicht zu einer Hemmung der Verjährung führen.

Diese Vermerke schützen den Nutzer lediglich vor nachfolgenden, den Anspruch beeinträchtigenden Verfügungen des Grundstückseigentümers.

4. Ein Schlusswort

Nach Auffassung des Autors ist jedenfalls in den Fällen, in denen dingliche Rechtspositionen beim Nutzer (grundbuchlich gesichertes Gebäudeeigentum und Nutzungsrecht) dem Eigentum am Grundstück gegenüber stehen, in Frage zu stellen, ob tatsächlich eine Verjährung von Ansprüchen nach dem SachenRBerG droht. Dies wäre der vom Gesetzgeber beabsichtigten Zusammenführung von Eigentumspositionen abträglich.

Im Übrigen sind die Warnungen ernst zu nehmen, was lediglich schuldrechtliche Eigentumspositionen von Nutzern und faktische Mitbenutzungen auf Grundstücken anbetrifft.

Da der sicherste Weg einer Klageerhebung aus praktischen und Kostengründen häufig nicht ohne Weiteres realisierbar ist, sind die vorgenannten Alternativvarianten zu prüfen.

Es empfiehlt sich daher in allen offenen Fällen, mit einer Anspruchsberechtigung nach dem SachenRBerG schnellstmöglich tätig zu werden, um - soweit möglich - Vereinbarungen mit Grundstückseigentümern zu treffen oder deren Verzichtserklärung auf die Verjährung zu erlangen.

FRANK AUERBACH, Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Verwaltungsrecht

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