Ich verteile Hausaufgaben

Der neue Handball-Bundestrainer Martin Heuberger startet heute beim Supercup die Ära nach Heiner Brand

  • Lesedauer: 3 Min.
Seit Juli ist MARTIN HEUBERGER Nachfolger von Heiner Brand als Handball-Nationaltrainer. Vor seinem Debüt beim heute in Berlin beginnenden Supercup bereitete er die Mannschaft auf einem Schloss in der Mark Brandenburg vor. Bei der Teamvorstellung im historischen Rinderstall erklärte er MARK WOLTER, wie das Team zum Erfolg zurückfinden soll.

ND: Herr Heuberger, Ihre Zeit im Hintergrund ist vorbei. Sind Sie angespannt vor Ihrem Debüt?
Heuberger: Eine gewisse Nervosität kann ich nicht leugnen. Ich bin mir der Schwere der Aufgabe bewusst. Aber gerade das ist reizvoll, und bisher hat es mir viel Spaß gemacht. Die Ruhe in der Vorbereitung habe ich bewusst gewählt, um den Fokus auf den Sport zu legen.

Wie schwer ist es, die Nachfolge von Heiner Brand anzutreten?
Heiner ist eine Ikone und mein Weg wird vielbeachtet sein. Er hat viel Gutes bewegt, und ich habe von ihm viel gelernt, was die Menschenführung angeht. Aber Heiner ist Heiner und ich bin ich.

Was wird mit Ihnen anders sein?
Ich möchte meine Spielphilosophie aufbauen, eine eigene Note reinbringen. Taktisch habe ich viel Altbewährtes übernommen. Im Angriff will ich aber die individuellen Stärken einzelner Spieler mehr hervorbringen und in der Abwehr unberechenbarer werden. Außerdem möchte ich den athletischen Bereich langfristig verbessern. Wir haben viele große Spieler, denen es aber noch etwas an Athletik fehlt.

Wie ändern Sie das? Sie haben doch kaum Zeit zur gemeinsamen Arbeit mit den Spielern?
Wir versprechen uns durch neue Bewegungserfahrungen koordinative Verbesserungen und auch weniger Verletzungen. Die Jungs werden Hausaufgabenprogramme bekommen, und ich habe zuletzt viele Vereine besucht, um mich mehr mit ihnen abzusprechen.

Nach dem enttäuschenden elften Platz bei der WM am Jahresanfang in Schweden sind Sie aber auch als Mentaltrainer gefragt.
Der Mannschaft wurde vorgeworfen, dass nicht jeder gekämpft hat. Der Meinung bin ich nicht. Ich habe versucht, den Spielern zu vermitteln, dass der Teamerfolg ganz oben steht. Wenn man bei der Nationalmannschaft dabei ist, soll man aber auch Freude haben und mit vollem Herzen dabei sein. Ich habe deshalb zum Anfang diesen ruhigen Ort gesucht, weil mancher in der Vergangenheit zu abgelenkt war. Ich will die Siegermentalität wieder wecken und spüre auch schon etwas Aufbruchstimmung.

Ihr Kader ist aber beinahe der alte. Rücken keine hungrigen Talente aus der Juniorenmannschaft nach, mit denen Sie im Sommer noch Weltmeister geworden sind?
Christian Dissinger aus Schaffhausen wäre ein Kandidat, aber er ist verletzt. Es ist mein Ziel, junge Spieler an die A-Mannschaft heranzuführen. Die wichtige EM im Januar wäre für viele aber zu früh.

Wie groß sind Ihre Hoffnungen, bei der EM noch den Sprung zu Olympia in London zu schaffen?
Natürlich wollen wir dort einen der beiden Plätze für die Olympiaqualifikation ergattern, aber die Konkurrenz ist stark. Wir werden uns mit Gastgeber Serbien, Polen, Tschechien, Slowenien und Norwegen messen müssen.

Heute spielt Ihr Team gegen Vizeweltmeister Dänemark, danach warten der WM-Dritte Spanien und der Vierte Schweden. Klingt nach optimalen Gradmessern.
Das sind drei starke Teams, die uns zeigen, wo wir stehen. Wir wollen die Partien nutzen, um uns einzuspielen. Wichtiger als Ergebnisse ist mir aber, die Mannschaft danach weiterzuentwickeln.

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