Glück gehabt

Der Asteroid »2005 YU55« rast knapp an der Erde vorbei

  • Martin Koch
  • Lesedauer: 3 Min.

Dass es menschliches Leben auf diesem Planeten gebe, sei nicht nur einem großen Zufall geschuldet, sagte der französische Biologe und Nobelpreisträger Jacques Monod einmal. Die Menschheit stehe immer auch in Gefahr, durch eine kosmische Katastrophe wieder ausgelöscht zu werden. Die Dinosaurier mögen uns hier als warnendes Beispiel dienen. Denn als vor rund 65 Millionen Jahren ein zehn Kilometer großer Asteroid auf der mittelamerikanischen Halbinsel Yucatán einschlug, führte nach allem, was wir heute wissen, der anschließende Klimawandel langfristig zum Aussterben der großen Echsen.

Zum Glück blieb den Menschen ein ähnliches Schicksal bislang erspart. Wie groß jedoch die Gefahr eines kosmischen Zusammenstoßes ist, zeigt jetzt der Asteroid »2005 YU55«, der in der Nacht von Dienstag zu Mittwoch in einem Abstand von nur 324 000 Kilometern an der Erde vorbeirasen wird. Das heißt, er kommt unserem Heimatplaneten näher als der Mond! Astronomen sprechen deshalb von einem »Streifschuss«.

Bereits seit etwa sechs Jahren haben Wissenschaftler am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der USA-Raumfahrtbehörde NASA die Bahn des Asteroiden von der Größe eines Flugzeugträgers genau im Blick. Nach allen optischen und Radarmessungen sei auszuschließen, dass »2005 YU55« in den nächsten einhundert Jahren mit der Erde oder dem Mond kollidieren werde, beruhigte der NASA-Asteroidenexperte Don Yeomans die Teilnehmer einer unlängst von der US-Fachzeitschrift »Science« veranstalteten Diskussion im Internet.

Zum letzten Mal kam ein Asteroid von solcher Größe der Erde 1976 so nahe. Der nächste Streifschuss wird den Berechnungen zufolge im Jahr 2028 erwartet.

Wie verheerend hingegen eine direkte Kollision der Erde auch mit einem kleinen Asteroiden sein kann, zeigt das berühmte Tunguska-Ereignis vom 30. Juni 1908. Damals ging ein kosmischer Gesteinsbrocken mit einer Geschwindigkeit von 70000 Stundenkilometern über einer abgeschiedenen Region in Sibirien nieder. Die anschließende Explosion erzeugte eine Druckwelle, die eine Sprengwirkung von mehreren hundert Hiroshima-Atombomben besaß und das umliegende Waldgebiet weiträumig verwüstete. Und dabei war das Tunguska-Geschoss mit einem geschätzten Durchmesser von 50 Metern erheblich kleiner als der etwa 400 Meter dicke Asteroid »2005 YU55«, dessen Einschlag selbst auf unbewohntem Gebiet Erdbeben und Tsumanis von ungeheurer Zerstörungskraft auslösen würde.

Der in Kürze an der Erde vorbeirasende Asteroid gilt als Überbleibsel aus der Entstehungszeit des Sonnensystems und bewegt sich zwischen den Bahnen der Planeten Venus und Mars. Er besteht großenteils aus Kohlenstoffverbindungen und kann, weil er schwärzer ist als Holzkohle, mit bloßem Auge nicht beobachtet werden.

Insgesamt hat die NASA bisher 8321 erdnahe Asteroiden aufgespürt, von denen 830 einen Durchmesser von mindestens einem Kilometer aufweisen. Allerdings wurde für keinen dieser kosmischen Brocken eine nennenswerte Einschlagswahrscheinlichkeit berechnet.

Dennoch sei der nächste schwere Treffer nur eine Frage der Zeit, meint Yeomans. Es sei denn, es gelingt den Wissenschaftlern, einen bedrohlichen Asteroiden bereits im Anflug zu erkennen und ihn mit speziellen Raketen gefahrlos abzuschießen.

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