Industrieanlagen unter Wasser
Naturkatastrophe ertränkt Thailands produzierendes Gewerbe
»Mehr Industrieanlagen in Gefahr« titelte die Tageszeitung »Bangkok Post«. Akut bedroht ist der Industriepark Lat Krabang in der Hauptstadt. Schon jetzt stehen in Ayutthaya und der Provinz Patum Thani 1300 Fabrikanlagen und damit 22 Prozent des produzierenden Gewerbes Thailands unter Wasser.
Der wirtschaftliche Schaden ist immens. »Das Wachstum ist von Juli bis Oktober von 4,1 auf 2,6 Prozent gesunken«, sagte der Gouverneur der Zentralbank, Prasarn Trairatvorakul, kürzlich vor Auslandskorrespondenten in Bangkok. Eine endgültige Schadensbilanz könne aber erst aufgenommen werden, wenn das Hochwasser weg ist. Und das kann bis zu zwei Monate dauern.
Der Zentralbankchef blickt mit gemischten Gefühlen in die Zukunft. Schon für das zweite Quartal 2012 hält Prasarn wieder ein Wachstum um die vier Prozent für möglich. Das würde getragen von dem seit Jahren starken privaten Konsum als auch von Investitionen in den Wiederaufbau der Hochwassergebiete. Thailands Wirtschaft ist aber extrem exportorientiert und die Weltwirtschaft bereitet Prasarn wegen den Problemen in den USA und wegen der Euro-Schuldenkrise großen Kummer. Europas Politikern wirft er vor, sich »nur auf technische Lösungen der Schuldenkrise verständigen zu können, statt das Problem an der Wurzel zu packen«.
Gleichzeitig schlägt das Hochwasser in Thailand globale Wellen. Das Land ist der zwölftgrößte Hersteller von Autos weltweit. Ein anderes Beispiel sind Festplatten für Computer - Thailand steht für 25 Prozent der Weltproduktion. »Die gesamte Nachschubkette ist unterbrochen. Wie ich gehört habe, mussten schon Betriebe in Japan die Produktion unterbrechen«, sagt der Zentralbanker.
Große soziale Verwerfungen befürchtet Prasarn nicht. Zwar könnten Hunderttausende Beschäftigte bis auf Weiteres nicht arbeiten und einige würden durch den Bankrott von Unternehmen arbeitslos. Aber die Mehrheit der Firmen werde das Hochwasser überstehen und kein Personal entlassen, ist sich Prasarn sicher. »Sie haben aus früheren Überschwemmungen gelernt. Nach Massenentlassungen war es bei der Wiedereröffnung der Fabriken schwer, schnell genug gutes Personal zu finden.« Dank der geringen Arbeitslosigkeit ist der Arbeitsmarkt fast leer gefegt.
Mehr Sorge bereitet dem Zentralbankgouverneur die Wahlversprechen der neuen Premierministerin Yingluck Shinawatra. Eine klare Absage erteilte er Subventionen für Auto- und Hauskäufe. »Die Regierung muss ihre Prioritäten neu setzen«, betonte Prasarn. Statt durch weiteres Anheizen des Konsums mit dem Feuer der Inflation zu spielen, solle sie durch Investitionen langfristig die Wirtschaft nach der Flut stabilisieren.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.