Machtprobe in Kairo
Auch am Montag ging das Militär gegen Demonstranten vor
Kairos Innenstadt gleicht einem Schlachtfeld. Seit Samstag liefern sich vor allem jugendliche Protestierende blutige Kämpfe mit Polizei und Militär. Diese hatten am Samstag eine Gruppe von Menschen angegriffen, die während der Revolution verletzt worden waren, jetzt die Auszahlung der versprochenen Entschädigungen forderten und so die aktuellen Proteste auslösten. Vor allem junge Leute und solche aus ärmeren Schichten schlossen sich den Protestierenden an. »Wir erhoffen uns nichts von den Wahlen«, sagt Hamid, ein junger Protestierender. Das Parlament werde nichts zu sagen haben, das Militär habe bereits angekündigt, auch nach den Wahlen an der Macht bleiben zu wollen.
Auch in zahlreichen anderen Städten, unter anderem Suez, Alexandria, Assiut und Al-Arish, tobten Straßenschlachten. Die Proteste richteten sich direkt gegen das Militär, das im Februar nach dem Rücktritt von Präsident Hosni Mubarak die Macht übernommen hatte. Polizei und Militär schossen in die Menge und setzten große Mengen an Tränengas ein. Das Gesundheitsministerium sprach von 22 Toten seit Freitag, Krankenhausärzte berichteten, 33 Menschen seien getötet worden. Von über 2000 Verletzten ist die Rede.
Ärzten zufolge starben die meisten Opfer an Schüssen in Kopf oder Oberkörper. »Auf dem Tahrir-Platz findet ein Massaker statt«, berichtete ein junger Protestierender. Videos zeigten, wie Polizisten am Sonntag nach der Stürmung des Tahrir-Platzes die Leichen von Protestierenden auf Müllhaufen werfen. Der Militärrat rief die Bevölkerung auf, in »diesen harten Zeiten« den Schulterschluss mit der Regierung zu üben. Unruhestifter wollten das Land zerstören. Kulturminister Emad Abu Ghasi trat am Sonntagabend aus Protest gegen das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte zurück.
Die Bundesregierung hat angesichts der blutigen Auseinandersetzungen davor gewarnt, den Demokratisierungsprozess aufs Spiel zu setzen. Außenminister Guido Westerwelle appellierte »erneut an alle Seiten, umgehend die Gewalt einzustellen und den Weg in Richtung Demokratie jetzt nicht abzubrechen«.
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