Der Anleihe-Flop

Banken verschmähen neue Staatspapiere zu einem Drittel

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine zehnjährige Bundesanleihe hat sich als Ladenhüter entpuppt. Bekommt nun auch Deutschland Probleme bei der Schulden-Refinanzierung?

Hochnervös reagierten die Akteure auf den Finanzmärkten am Donnerstag auf den Schock: Tags zuvor war überraschend die Versteigerung deutscher Staatsanleihen wegen der niedrigen Nachfrage nach heimischen Staatspapieren gefloppt. Die Bundesfinanzagentur wollte zehnjährige Papiere im Volumen von sechs Milliarden Euro platzieren, blieb jedoch auf mehr als einem Drittel der Papiere sitzen. Am Anleihenmarkt gab es Kursverluste deutscher Papiere; die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe stieg auf 2,212 Prozent.

Auch Deutschland hat nun in der Euro-Schuldenkrise von den Banken seine Grenzen aufgezeigt bekommen. Die Bundesrepublik galt bislang als der sichere Hafen im Euroraum. Händler sprachen in ersten Reaktionen von einem erschreckend schwachen Ergebnis. Ralf Umlauf von der Landesbank Hessen-Thüringen bezeichnete die geringe Nachfrage als »sehr besorgniserregend«, sie sei »ein Misstrauensvotum gegen die gesamte Eurozone«. Ähnlich äußerten sich andere Analysten. Es gab aber auch Stimmen, die vor einer Überbewertung warnten. So hieß es beim weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock, derzeit würden die Banken als Abnehmer von Anleihen generell kürzer treten.

Die Bundesregierung versuchte sich in Schadensbegrenzung: Ein solcher Flop komme »immer wieder vor«, meinte ein Sprecher der Bundesfinanzagentur in Frankfurt am Main auf »nd«-Anfrage. Durch Horrorszenarien kämen Analysten zwar in die Medien. Sachlich betrachtet seien deren Attacken aber »unsinnig«, schließlich sei die Unterzeichnung einer Bundesanleihe schon zum neunten Mal in diesem Jahr passiert.

Bis 2006 war dieses Phänomen indes noch unbekannt gewesen. Wer zu dem geschlossenen Kreis der Bietergemeinschaft von 38 Großbanken gehörte, nahm, was er kriegen konnte. Erst seit dem Ausbruch der Banken- und Finanzkrise wurden die Geldgiganten zögerlicher. 2007 floppte erstmals eine Bundesanleihe, 2008 waren es gar neun. Das Mittwochs-Loch kam daher für die Bundesagentur »nicht überraschend«. Es sei eben »ein schwieriger Markt«, schwankungsanfällig und sehr nervös.

Ihre Anleihetermine geben viele Staaten schon zum Jahresbeginn bekannt, um Vertrauen zu schaffen, und in Deutschland wurden sie bislang auch eingehalten. Dagegen wird der Zinssatz erst am Tag vor der Auktion den Bieterbanken mitgeteilt. Mit einem Zinssatz von zwei Prozent war die Flop-Anleihe so niedrig verzinst wie noch kein zehnjähriges Bundeswertpapier zuvor. Der Bund hat versucht, sich möglichst preiswert zu verschulden, - und verlor den Test. Die Bundesbank, die wie die Finanzagentur die Verschuldung des Staats technisch abwickelt, übernahm im Namen des Bundes die unverkäuflichen Anleihen. Dies darf indes nicht mit dem Aufkauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank verwechselt werden.

Für die Bundesregierung gibt es durch das Zwei-Milliarden-Loch keine haushaltstechnischen Probleme. Der Staat dürfe, so die Finanzagentur, ohnehin bis zu fünf Prozent des gesamten Neuschuldenkuchens auf eigene Rechnung nehmen, um mit diesen Wertpapieren »den Markt zu pflegen«. Angesichts von 275 Milliarden Euro, die der Bund in diesem Jahr über Anleihen aufnimmt, seien 5,1 Milliarden, die 2011 bisher nicht platziert werden konnten, bei Weitem kein Desaster. Der Fehlschlag vom Mittwoch stelle auch »kein Indiz für ein nachlassendes Interesse dar«.

Der Härtetest erfolgt am 7. Dezember. Dann legt der Bund seine nächste Anleihe, über fünf Jahre, auf. Dann könnte sich zeigen, ob der Mittwoch ein Ausrutscher war oder der Anfang der Schlussphase des Euro.

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