Iran: Flurschaden nach Botschaftssturm

London schließt diplomatische Vertretungen / Sicherheitsrat verurteilt Angriff

  • Lesedauer: 3 Min.
Als Reaktion auf die Stürmung der britischen Botschaft in Teheran hat Großbritannien die Schließung der iranischen Botschaft in London und die Ausweisung ihres diplomatischen Personals angeordnet.

Teheran/London (Agenturen/nd). Die iranischen Diplomaten müssten Großbritannien innerhalb von 48 Stunden verlassen, sagte Außenminister William Hague am Mittwoch vor dem Parlament. Aus Protest gegen den Angriff rief Deutschland seinen Botschafter aus Teheran zurück.

»Die Vorstellung, dass die iranische Regierung unsere Botschaft nicht hätte schützen können oder dass dieser Angriff ohne eine gewisse Zustimmung des Regimes hätte stattfinden können, ist absurd«, sagte Hague vor den Abgeordneten. Zugleich betonte er, dass die Schließung der Botschaften nicht den Abbruch, sondern lediglich die Herabstufung der diplomatischen Beziehungen auf ihre niedrigste Stufe bedeute. Wie Hague bekannt gab, wurde die Botschaft in Teheran vorläufig geschlossen und das gesamte Personal abgezogen.

Trotz starker Polizeipräsenz war es am Dienstag Teilnehmern einer Demonstration gegen die britische Sanktionspolitik zweimal gelungen, auf das Botschaftsgelände vorzudringen. Sie verwüsteten Büros und ersetzten die britische durch die iranische Flagge. Demonstranten besetzten zudem vorübergehend einen weiteren diplomatischen Komplex im Norden der Stadt. Dort befindet sich unter anderem die deutsche Schule. Wie das Auswärtige Amt mitteilte, wurde die Schule nicht beschädigt, blieb aber vorerst geschlossen.

Der britische Premierminister David Cameron machte die iranische Regierung für den Vorfall verantwortlich und drohte dem Land mit »ernsten Konsequenzen«. US-Präsident Barack Obama bezeichnete den Angriff als »inakzeptabel«. Teheran sei verpflichtet, die diplomatischen Vertretungen zu schützen. Der UNO-Sicherheitsrat verurteilte die Attacken »auf das Schärfste«. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy nannte die Angriffe »skandalös«.

Die Bundesregierung sprach von einer »groben Verletzung des Völkerrechts«. Iran habe »die völkerrechtliche Pflicht, für den Schutz ausländischer Einrichtungen zu sorgen«, erklärte das Auswärtige Amt. Die Ereignisse stellten »leider nicht zum ersten Mal die Bereitschaft der iranischen Führung in Zweifel, internationales Recht zu achten«. Am Mittwoch rief sie den deutschen Botschafter »zu Konsultationen« nach Berlin zurück. Zuvor hatte Norwegen die vorübergehende Schließung seiner Botschaft in Teheran angekündigt, das Personal jedoch nicht zurückgerufen. Der französische Außenminister Alain Juppé forderte im Magazin »L'Express« eine »gemeinsame Position« des Westens, um den Druck auf Iran zu »maximieren«.

Großbritannien, die USA und Kanada hatten vor gut einer Woche als Reaktion auf einen Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde zum iranischen Atomprogramm umfangreiche Sanktionen gegen Teheran verhängt. Teheran schränkte daraufhin seine diplomatischen Beziehungen zu London ein. Die Beziehungen zu Kanada waren bereits zuvor beschränkt. Mit den USA unterhält Iran seit mehr als 30 Jahren keinen diplomatischen Kontakt.

Das iranische Außenministerium »bedauerte« den Angriff und kündigte rechtliche Schritte gegen die Angreifer an. Die Polizei erklärte, mehrere Angreifer seien identifiziert oder festgenommen worden. Der iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani äußerte dagegen Verständnis für die »Wut der Studenten«, die auf die jahrzehntelange »dominante Politik« Großbritanniens zurückgehe. Zugleich rief er zur Einhaltung des Gesetzes ein. Die britische Regierung solle die Aktion der Studenten nicht missbrauchen, um politisch daraus Kapital zu schlagen, forderte er. Das iranische Außenministerium distanzierte sich von dem Zwischenfall. Es verurteilte die Erstürmung und bezeichnete sie als eine spontane Aktion demonstrierender Studenten, die nicht von der Regierung genehmigt worden sei.

Vizepolizeichef Ahmed-Resa Radan versicherte unterdessen, dass Maßnahmen getroffen worden seien, um alle an dem Angriff beteiligten Demonstranten festzunehmen.

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