Ohrfeige für den Spielverderber

Der Umgang mit dem 1:1 im Spitzenspiel zwischen Mönchengladbach und Dortmund zeigt die Ansprüche beider Klubs

Nach kurzer Überlegung kam Mike Hanke seine ganz eigene Idee. Während alle anderen Mönchengladbacher Marco Reus beim 1:1 gegen Borussia Dortmund ein wenig vermisst hatten, sah der Stürmer das verletzungsbedingte Fehlen des besten und torgefährlichsten Spielers sogar positiv. Für den 22-jährigen Reus selbst. »In den letzten Wochen hat ein enormer Druck auf ihm gelastet.« Nach dem Remis im Spitzenspiel gegen den Meister wisse er jetzt, dass er doch nicht alles allein machen müsse.

Hankes Worte zeugen von Reife. Trainer Lucien Favre hatte den bei Hannover 96 Ausgemusterten im Januar zur Borussia geholt, mittlerweile ist der 28-Jährige ein Führungsspieler. In 14 von 15 Saisonspielen stand er in der Startformation. Nicht wie früher im Sturmzentrum, sondern als Anspielstation und Ballverteiler in der Offensive. Und so sorgt sich der ehemalige Nationalspieler Hanke um den Gladbacher Jungstar. Zehn Tore in 14 Spielen hat Reus bisher erzielt. In der vergangenen Saison war seine Rolle ähnlich. Doch spielte die Borussia da gegen den Abstieg, jetzt hat sie sich im Spitzentrio festgesetzt.

Seine beste Idee hatte Hanke am Sonnabend allerdings, als er »nicht überlegt«, sondern »einfach draufgehalten« hat. In der 72. Minute glich er die Dortmunder Führung trocken aus 20 Metern aus. Es war erst sein dritter Saisontreffer. Nicht übermäßig viele für einen Stürmer. Daher ein Zeichen der Wertschätzung des Trainers, dass Hanke trotzdem unumstrittener Stammspieler ist. Seine ersten beiden Tore hatte er vergangene Woche beim für die Anhänger sehr wichtigen 3:0 in Köln erzielt. Daher jubelten sie nach dem Ausgleich gegen Dortmund gleich doppelt so laut. Ein Sieg über den ungeliebten Kölnern bedeutet den Borussen vom Niederrhein sehr viel. Aber auch weil der Treffer mit dem finalen Pass von Raul Bobadilla schön herausgespielt war. Und weil den Gastgebern ohne Reus, abgesehen von ein paar Standardsituationen, die Torgefahr an diesem Tag etwas abging.

Vor der Partie hatte BVB-Trainer Jürgen Klopp gesagt, es reize ihn mehr, gegen eine Gladbacher Mannschaft mit Reus zu gewinnen. Da es aber auch so nicht zum Sieg gereicht hatte, gab er Spielverderber Hanke noch auf dem Platz eine Ohrfeige - eine nett gemeinte. So weit hätte es nicht kommen müssen. Die Dortmunder hatten nach dem Kopfballtor von Robert Lewandowski (40. Minute) alle Trümpfe in der Hand. Die besseren Chancen durch Lukasz Piszczek (42.), Lewandowski (63.) und Mario Götze (76.), die überlegene Spielanlage mit Götze und Shinji Kagawa.

Am Ende eines »richtig guten« Spitzenspiels, wie nicht nur Klopp fand, ging »das Remis in Ordnung«, wie neben Favre alle fanden. Nur die Zwischentöne verrieten die unterschiedlichen Ansprüche. »Platz eins gefällt mir besser«, wäre BVB-Verteidiger Mats Hummels gerne Tabellenführer geblieben. Ein Spitzenteam sei man erst, wenn man konstant auf diesem hohem Niveau spiele, will Hanke den Ball vorerst noch flach halten.

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