Zweierlei Empörung

Kommentar von Haidy Damm

  • Lesedauer: 2 Min.

Eine neue Welle der Empörung geht durch Europa. Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hat der Europäischen Union und mehreren Banken mit einer Herabstufung gedroht. Damit hat sie den Druck auf den EU-Gipfel nicht nur erhöht, sie hat ihren Einfluss auch so offensichtlich wie selten zuvor gezeigt. Man werde die Entscheidung der Herabstufung von den Ergebnissen des Gipfels abhängig machen, ließ die Agentur verlauten. Auch die schnell hinterhergeschobene Erklärung, keine »spezielle Ansicht« zu haben, »was beschlossen werden sollte«, kann nicht über diese klare Warnung an die EU-Länder hinwegtäuschen: Jetzt müssen Nägel mit Köpfen gemacht werden. Doch die breite Empörung von EU-Vertretern, Bundesregierung und Opposition ist heuchlerisch. Nicht nur, dass es dieselben Politikerinnen und Politiker waren, die die Ratingagenturen erst mit dieser Macht ausgestattet haben. Die Drohung an die EU-Staaten unterstützt die Position von Kanzlerin Merkel, die bei diesem Gipfel ihren Kurs der Sparprogramme und der Einschränkung der nationalen Haushaltshoheit durchsetzen will, indem sie unter anderem den Vertrag von Lissabon außer Kraft setzen will. Während alle auf die Noten der Ratingagenturen wie die Kaninchen auf die Schlange starren, erfährt Europa einen Umbau, dessen Folge noch weniger Demokratie und stärkere Hegemonie weniger Staaten ist - allen voran Deutschland und Frankreich. Bei den Protesten in Griechenland, Spanien und Portugal ist die Empörung ebenfalls groß. Die zunehmende Macht aus Berlin und Paris wird dort als das gesehen was sie ist: eine tatsächliche Gefahr für Europa.

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