Agenda 2010 für Europa

Bundeskanzlerin Merkel rechtfertigt im Bundestag ihre Krisenpolitik

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Opposition im Bundestag zweifelt daran, dass die Beschlüsse des jüngsten Eurogipfels Wirkung erzielen werden. Der Fiskalpakt zwischen den europäischen Staaten sei ein Muster ohne Wert.

Es waren nicht sonderlich leichte Umstände, unter denen Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Regierungserklärung zur Euro-Krisenpolitik im Bundestag vortrug. Auf die Krise ihres Koalitionspartners FDP, bei dem infolge des Rücktritts von Generalsekretär Christian Lindner und des Streits über den Mitgliederentscheid zum dauerhaften Euro-Rettungsfonds ESM die Spannungen weiter wachsen, ging sie nicht ein. Stattdessen erklärte die Kanzlerin, beim Brüsseler Eurogipfel seien ernsthafte Schritte für eine Fiskal- und Stabilitätsunion eingeleitet worden. »Wer Eigenverantwortung zur Haushaltskonsolidierung übernimmt, der kann mit der Solidarität der europäischen Partner rechnen«, sagte Merkel. Künftig sollen Schuldenbremsen in den nationalen Haushalten eingeführt werden. Wer dagegen verstößt, muss mit Sanktionen rechnen.

Allerdings zweifelt die Opposition daran, dass diese Beschlüsse durchsetzbar sein werden. Denn es haben sich nicht alle EU-Staaten einigen können, die europäischen Verträge können deswegen nicht geändert werden. Großbritannien hatte beim Gipfel seine Ablehnung bekundet, nun distanzierte sich auch Tschechien von den Beschlüssen.

Der sogenannte Fiskalpakt könnte sich als Muster ohne Wert herausstellen. »Wenn sich ein Staat auf den Lissabon-Vertrag bezieht, dann hat dieser Vorrang«, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Zudem müsse sich der Bundestag über die Finanzmittel gegen die Krise abstimmen. Denn es gehe auch um deutsche Steuergelder, wenn über den Umweg IWF die Schlagkraft erhöht werden soll.

Sorgen um die Zukunft der Europäischen Union machte sich Linksfraktionschef Gregor Gysi. Er sah in den Gipfelbeschlüssen den Weg zu einer Agenda 2010 mit Sozialabbau, Lohn- und Rentenkürzungen für alle Mitgliedsstaaten. Nicht immer sei zudem eine verfehlte Haushaltspolitik verantwortlich für die Krise. »Die Staatsschulden sind die Folge der Bankenkrise, und die gilt es zu überwinden«, forderte Gysi.

Auch Jürgen Trittin bemerkte, dass die Ursachen der Krise nicht beseitigt wurden. »Es gibt keinen Schutz vor den Spekulationen, die auf andere Eurostaaten übergreifen«, kritisierte der Vorsitzende der Grünen-Fraktion.

Alternativen zur Krisenpolitik stellte gestern der DGB vor. Laut dem »4-Punkte-Programm für einen Kurswechsel in Europa« soll unter anderem der Euro-Rettungsfonds EFSF mit einer Banklizenz ausgestattet werden. Der Rettungsfonds soll so die Möglichkeit bekommen, sich zu refinanzieren und im Falle eines drohenden Bankrotts Staatsanleihen aufzukaufen. Zudem sollen mit einem groß angelegten Investitions- und Konjunkturprogramm Millionen neuer Arbeitsplätze geschaffen werden.

Seiten 4 und 17

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