Weibchen kriegen bei der Paarung ein Bonbon

GARTENTIERE: Unauffällige Fliegen, die gar keine sind - Skorpionsfliegen

  • Prof. Dr. Ulrich Sedlag, Zoologe
  • Lesedauer: 2 Min.

Sie sind etwa so groß wie Florfliegen, haben aber mit denen eigentlich nur gemein, dass sie auch Fliegen genannt werden: Skorpionsfliegen.

Es ist wohl nicht Armut der Sprache, sondern mangelnde Kenntnis, die dazu geführt hat, dass ganz unterschiedliche Insekten als Fliegen bezeichnet werden, während sich bei den Vögeln eine größere sprachliche Vielfalt entfalten konnte. Es gibt also Stein-, Köcher-, Eintags-, Flor-, Kamelhals- und eben Skorpionsfliegen. Und zwar neben den eigentlichen Fliegen. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie nur ein Flügelpaar besitzen, während alle anderen sogenannten Fliegen (von wenigen Ausnahmen abgesehen) deren zwei haben. So auch die einer Ordnung Schnabelfliegen angehörenden Skorpionsfliegen.

Diese haben also zoologisch mit den eigentlichen Fliegen nichts zu tun und schon gar nicht mit Skorpionen. Für die Namensgebung war maßgeblich, dass die Männchen ein verdicktes und aufwärts gebogenes Hinterende besitzen, das tatsächlich an das stacheltragende letzte Segment von Skorpionen erinnert, aber unbewaffnet ist. Allerdings trägt es ein Paar Zangen zum Festhalten des Weibchens bei der Paarung.

Kennzeichnend für die Schnabelfliegen, von denen wir im Garten keine anderen Vertreter zu erwarten haben, ist die Verlängerung des Vorderkopfes. Die häufigste der fünf in Mitteleuropa vorkommenden Arten hat auffallend gefleckte Flügel. Im Ganzen sind die Tiere eher unscheinbar, erst bei näherem Hinsehen bemerkt man ihre hübsche Zeichnung.

Ich traf ab und zu einen auf einer Hecke herumsitzenden Vertreter dieser Insektengruppe, wobei es sich vorwiegend um Weibchen mit verjüngtem, eine Legeröhre bildenden Hinterende handelte. Man sieht Skorpionsfliegen selten fliegen; für die vorwiegende Ernährung von toten oder geschädigten Insekten, daneben wohl auch Nektar und Honigtau von Blattläusen, ist offensichtlich wenig Bewegung erforderlich. Welch ein Kontrast zu rastlosen Blütenbesuchern, Raubinsekten und nach Wirten suchenden Parasiten!

Der Paarung geht heftiges Flügelwinken beider Partner voraus. Eine Besonderheit ist es, dass das Männchen dem Weibchen bei der Paarung zu »Bonbons« gelierende Sekrettropfen anbietet. Die Eier werden in die Erde abgelegt. Die raupenähnlichen, düster gefärbten Larven führen als Gelegenheitsfresser ein vorwiegend unterirdisches Leben, so dass auch die meisten Insektenkenner sie kaum zu Gesicht bekommen. Von Schmetterlingsraupen unterscheiden sie sich dadurch, dass sie auch an den vorderen Hinterleibssegmenten Füße haben. Die Puppe ist beweglich genug, um sich schließlich an die Oberfläche empor zu arbeiten - was einer unterirdisch schlüpfenden Skorpionsfliege mit ihren verhältnismäßig großen Flügeln kaum möglich wäre.

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