Pastors Inselspringen

An der Nordsee hat Matthias Krämer heute gleich auf drei Halligen zu tun

  • Hartmut Schulz, epd
  • Lesedauer: 3 Min.
Bevor Halligpastor Matthias Krämer mit seiner Familie an Heiligabend Würstchen und Kartoffelsalat genießen kann, muss er mit Boot und Lore zu Gottesdiensteinsätzen. Auf den Nordsee-Halligen Langeneß, Gröde und Oland wartet man auf ihn.
Auf Dienstreise: Halligpastor Matthias Krämer in der 9,5-PS-Lore, die auf den Schienen zwischen Oland und Langeneß fährt.
Auf Dienstreise: Halligpastor Matthias Krämer in der 9,5-PS-Lore, die auf den Schienen zwischen Oland und Langeneß fährt.

Hallig Langeneß. Alle 1400 nordelbischen Pastoren sind zu Weihnachten fest verbucht. Doch für Halligpastor Matthias Krämer (47) kommt seit 18 Jahren noch das Inselspringen dazu. Abhängig von Wetter und Gezeiten plant er bereits Anfang Dezember seine Einsätze auf den nordfriesischen Halligen Langeneß, Gröde und Oland. Mit Schiff und Lore macht er sich dann auf den Weg. »In diesem Jahr kann ich an Heiligabend laut Gezeitenkalender alle drei Halligen besuchen«, sagt er. Einen Strich durch die Rechnung kann ihm aber immer noch das Wetter machen.

Mit der Lore nach Hause

Die Planungen sind früh möglich, weil das Bundesamt für Schifffahrt und Hydrographie den Kalender mit den Zeiten für Ebbe und Flut für das jeweils kommende Jahr bereits zum Jahresende herausgibt. Den Kalender für 2011 hatte Krämer schon Ende Dezember 2010 auf dem Tisch.

Aber nicht nur Ebbe und Flut bestimmen den Zeitplan. Der Einsatz auf Gröde am 24. Dezember 2010 und an den Feiertagen fiel wegen starkem Sturm und Eisschollen aus. Dem Wetterbericht zufolge ist in diesem Jahr allerdings nicht mit Eis zu rechnen. »Der Sturm ist aber immer ein Unsicherheitsfaktor an der Küste«, sagt Krämer.

Den ersten Gottesdienst an Heiligabend feiert Krämer dem Zeitplan zufolge auf Hallig Gröde mittags um 12 Uhr. Bereits um 11 Uhr erwartet er auf seiner Heimatinsel Langeneß Postschiffer Fiede Nissen, der ihn mit dem Postboot übersetzt. Mit 17 Einwohnern ist Gröde die kleinste Gemeinde in Deutschland. Die 1779 erbaute St. Margarethen-Kirche befindet sich mit der Schule und der Lehrerdienstwohnung unter einem Dach.

Nach Predigt, Gesang und Gebet geht es mit dem Postboot weiter nach Oland. Hier ist die Halligkirche eine Saalkirche aus dem Jahr 1824, die unter anderem den schweren Sturmfluten 1825 und 1962 trotzte. Rund 30 Einwohner leben in 17 Häusern auf einer einzigen Warft, der Olandwarft. Um 14.30 Uhr beginnt der weihnachtliche Gottesdienst. Wie auch auf Gröde spielt Krämer hier die Orgel selbst.

Danach setzt er mit der 9,5-PS-Lore zu seiner Heimathallig Langeneß über, da es eine 4,5 Kilometer lange Schienenverbindung mitten durch das Watt gibt. Motor anwerfen und Lore fahren gehört für Halligpastor Krämer seit Dienstantritt zu seinen Aufgaben. Erst nach dem Gottesdienst um 17 Uhr ist dann die eigene Familie dran. Immerhin warten zwei Söhne (14 und acht Jahre alt) sowie eine sechsjährige Tochter auf die Bescherung. Auch an den Weihnachtsfeiertagen ruft der Dienst: Am 1. Weihnachtsfeiertag predigt Krämer auf Langeneß, am 2. Feiertag auf Oland. Dann muss er wieder den Lore-Motor starten.

Häuser auf Hügeln

Die sieben bis 960 Hektar großen Halligen sind kleine Inseln im nordfriesischen Wattenmeer an der Nordseeküste Schleswig-Holsteins. Sie sind teilweise Reste des Festlands oder von Inseln, die nach Sturmfluten übrig blieben. Anders als Föhr, Amrum oder Sylt sind sie nicht durch Deiche geschützt und werden bei Sturmfluten überschwemmt. Wohnhäuser und Kirchen befinden sich auf meterhohen künstlich aufgeschütteten Hügeln, den Warften.

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