Abrissroutine
Kommentar von Uwe Kalbe
Das Gesetz, das die Prüfung privater Kontodaten erlaubt, war 2005 in Kraft gesetzt worden, praktisch zeitgleich mit den Hartz-Gesetzen. Es sollte Steuerflucht, aber auch den Missbrauch von Sozialleistungen bekämpfen helfen. Ein neuer Wind wehte, Warnungen vor Sozialbetrug hatten Hochkonjunktur, Sozialleistungen wurden geschleift, Bezieher staatlicher Leistungen sahen sich dem medialen Vorwurf ausgesetzt, sich unrechtmäßig zu bereichern, Fachleute klopften Gesetze auf Schlupflöcher und sogenannte Mitnahmeeffekte ab, die Wirtschaft frohlockte über den Trümmern der Sozialpartnerschaft. Beinahe hilflos nahmen sich die Warnungen der gesellschaftlichen Linken aus, dass neben dem Solidarischen in der sozialen Marktwirtschaft auch zahlreiche bürgerrechtliche Stützpfeiler in der Verfassung ins Wanken gerieten.
Die Abfrage privater Kontodaten ist heute keine Ausnahme mehr, sondern Routine, klagt der Datenschutzbeauftragte. Ein Beispiel nur für die Berechtigung jener Warnungen, deren Gehalt inzwischen in Statistiken zu prüfen ist. Souveränitätsrechte gegenüber dem Staat werden geopfert, wie der Staat eigene Souveränität gegenüber der Wirtschaft preisgibt. Alles nur Mitnahmeeffekte des Abbaus. In Routinen geronnen.
Zum Aktionspaket
Linken, unabhängigen Journalismus stärken!
Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.
Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.