Schiffbruch

  • Wolf H. Wagner
  • Lesedauer: 2 Min.

Noch befinden sich Rettungs- und Bergungsteams im Wettlauf mit der Zeit. Neben der menschlichen Tragödie droht eine Umweltkatastrophe. Und das alles nur, weil der Kapitän der »Costa Concordia« versagt hat. Francesco Schettino verließ noch vor seinen Passagieren das Schiff und weigerte sich, den Anweisungen des Hafenkapitäns von Livorno Folge zu leisten, der das Kommando übernahm. Aus Angst, das Schiff könne untergehen und er dabei Schaden nehmen, verweigerte Schettino die Rückkehr auf den Ozeankreuzer. Keine Angst hatte er jedoch, den Riesen unmittelbar an die Küstenlinie heranzusteuern und so die Passagiere in höchste und unnötige Gefahr zu bringen. Bereits 2010 hatte er in einem Interview erklärt, Kreuzfahrtschiffe zu lenken sei wie Taxi fahren - immer der gleiche Kurs, meist schon programmiert. Er liebe es, davon abzuweichen, den Computer abzustellen und das große Schiff per Hand zu steuern. Beobachter nicht nur in Porto Giglio bezeugen, dass es eine übliche Praxis der Kreuzfahrtschiffe sei, spektakulär unter Land zu fahren. Die Zeitung »Repubblica« veröffentlichte dazu jetzt Leserfotos.

Show, Spektakel, Sensation, Nervenkitzel - das ist es, was eine ganze Generation, die sowohl unter der Regierung als vor allem auch unter der Medienherrschaft Silvio Berlusconis gelebt hat, vom allgegenwärtigen Fernsehen erwartet und vom Bildschirm auf die Realität überträgt. Ein stets strahlender Premier suggerierte, dass alles in Ordnung sei, auch wenn das Staatsschiff längst zu schlingern begann und die Katastrophe sich anbahnte. Ein Hasardeur war auch Kapitän Schettino. Und als es darum ging, das Leben der ihm anvertrauten Menschen zu schützen, kapitulierte er. Nun erwartet ihn ein Prozess. Wegen fahrlässiger Tötung, unterlassener Hilfeleistung und Herbeiführung eines Schiffbruchs droht ihm eine Haftstrafe von über 15 Jahren.
Wolf H. Wagner, Florenz

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