Schlecker schlingert in die Insolvenz

Drogeriekonzern setzt nach geplatzter Zwischenfinanzierung auf einen Sanierungsplan

  • Lesedauer: 3 Min.
Gerüchte über eine finanzielle Schieflage gibt es seit Monaten. Jetzt ist eine Zwischenfinanzierung geplatzt und der Drogerieriese Schlecker sieht keinen anderen Ausweg mehr als die Planinsolvenz.

Ehingen/Ulm (dpa/nd). Der Drogeriekonzern Schlecker geht in die Planinsolvenz. Das bestätigte das Unternehmen am Freitag. Der Insolvenzantrag werde »kurzfristig« eingereicht. Ziel sei der Erhalt eines großen Teils des Filialnetzes und damit auch der etwa 30 000 Jobs in Deutschland. Der Geschäftsbetrieb werde unverändert weiterlaufen. Ein Insolvenzantrag werde spätestens am Montag eingereicht, erfuhr dpa.

Aktuell habe eine geplante Zwischenfinanzierung nicht sichergestellt werden können, erklärte Schlecker. Daher könnten die weiteren Maßnahmen der aktuell laufenden Restrukturierung nicht so umgesetzt werden wie geplant. Um welchen Betrag es geht, wollte ein Sprecher nicht sagen. Nach dpa-Informationen kam die geplatzte Geldspritze für die Geschäftsführung sehr überraschend.

In seinem Insolvenzantrag will Schlecker nun auch direkt den Gläubigern Vorschläge unterbreiten, wie es mit dem Konzern weitergehen kann. Die Mitarbeiter wurden ebenfalls am Freitag informiert. »Wir glauben an die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens«, sagte der Sprecher.

Die Gewerkschaft ver.di forderte in einer ersten Reaktion vollen Einsatz der Unternehmensspitze für die Jobs: »Anton Schlecker trägt als Eigentümer persönlich die Verantwortung für seine Beschäftigten«, erklärte Stefanie Nutzenberger, ver.di-Vorstandsmitglied für den Handel. Die Beschäftigten hätten sich selbst mit viel Einsatz für das Unternehmen eingesetzt - nun müsse Schlecker sich ebenfalls für einen Erhalt von möglichst vielen Jobs einsetzen. Bislang hatte es keine betriebsbedingten Kündigungen gegeben.

Schlecker war in den vergangenen Jahren immer stärker unter Druck geraten. Zuletzt hatte das Unternehmen über 1000 Filialen zugemacht und begonnen, sein altes Filialnetz zu sanieren. Ziel ist es, mit attraktiveren Läden mit den Konkurrenten dm und Rossmann mithalten zu können.

Im Geschäftsjahr 2010 war der europaweite Umsatz um rund 650 Millionen auf 6,55 Milliarden Euro gesunken. Für 2011 rechnete der schwäbische Familienkonzern erneut mit sinkenden Erlösen. Neuere Zahlen hatte Schlecker bisher nicht genannt. Angaben zum Gewinn oder Verlust macht die Kette traditionell nicht. Die Mitarbeiterzahl lag Ende 2011 europaweit bei über 47 000.

Schlecker war bis vor Kurzem die Nummer eins in Deutschland. Mit Geschäftszahlen hält sich der Familienkonzern zurück. 2010 setzte die Kette aus Ehingen bei Ulm noch 6,55 Milliarden Euro um. 2011 sollen die Erlöse »leicht« gesunken sein. Nach mehreren Verlustjahren - zur Höhe ist nichts zu erfahren - sollte 2012 die Rückkehr in die Gewinnzone gelingen. Die Zahl der Läden liegt aktuell in Deutschland wohl knapp unter 7000, hinzu kommt die Tochter IhrPlatz. 3000 weitere Schlecker-Filialen gibt es in Österreich, Spanien, Frankreich, Italien, Tschechien, Polen und Portugal.

Eine Planinsolvenz, wie jetzt von Schlecker angestrebt, zielt auf eine Sanierung und Weiterführung des Unternehmens ab. Im Insolvenzplan können Gläubiger und Schuldner Entlastungen bei Miet- und Lieferverträgen vereinbaren. Aber auch das Tarif- und Betriebsverfassungsrecht kann teilweise außer Kraft gesetzt werden.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal