Brände im Amazonaswald

Brasiliens CO2-Bilanz droht durch unkontrollierte Abholzung zu kippen

  • Norbert Suchanek, Rio de Janeiro
  • Lesedauer: 2 Min.
Amazonien gilt als riesiger, den Klimawandel bremsender CO2-Speicher. Eine neue Studie zeigt, dass Brände und Abholzungen das Gebiet bald zur CO2-Quelle machen könnten.

Die bislang positive CO2-Bilanz des größten Regenwaldgebiets der Erde droht zu kippen. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Forscherteam um Eric Davidson vom Woods Hole Research Center im US-Bundsstaat Massachusetts. Obwohl die Daten für das gesamte Amazonasbecken noch unsicher seien, gebe es Anzeichen dafür, dass sich die Region von einer Kohlenstoffsenke zu einer Netto-CO2-Quelle entwickle, schreiben die Autoren im Fachjournal »Nature« (Bd. 481, S. 321). »Seit Jahrtausenden sind Menschen Teil des weiten Amazonasbeckens und seines Wald-Fluss-Ökosystems. Doch die Ausweitung und Intensivierung der Landwirtschaft, Abholzung und Zersiedelung während der vergangenen 50 Jahre waren beispiellos«, resümieren die Forscher aus den USA und Brasilien. Angetrieben von staatlichen Entwicklungsprogrammen, die Millionen Menschen aus Süd- und Nordostbrasilien nach Amazonien lockten, vervierfachte sich seit 1960 die Bevölkerung der Region auf 25 Millionen, während gleichzeitig die Regenwälder um etwa 20 Prozent schrumpften.

Die Geschwindigkeit der Abholzung habe sich zwar von ihrem Höhepunkt im Jahr 2004, als 28 000 Quadratkilometer vernichtet wurden, auf heute etwa 7000 Quadratkilometer jährlich verringert. Doch auch das ist immens.

Die Forscher kritisieren den Straßenbau als Wegbereiter der Abholzung. Weitere Waldzerstörungen folgten den Schneisen und »Forstwegen« der Holzfäller. Außerdem fördere die internationale und nationale Nachfrage nach Rindfleisch und Tierfutter eine veränderte Landnutzung. Abgeholzte Flächen würden zwar noch immer meist zu Rinderweiden, doch seit Anfang 2000 entstünden auf Waldflächen immer häufiger Sojaplantagen.

In Gebieten mit starker Abholzung verlängern sich zum einen die Trockenzeiten und zum anderen fließt dort während der Regenphasen mehr Wasser ab, so die Studie. Es gebe auch Anzeichen dafür, dass die Dürreresistenz der Restwälder abnehme. So hätten sich die Wasser- und Energiekreisläufe in den Einzugsgebieten der Flüsse Tocantins und Araguaia verändert, erläutert der brasilianische Co-Autor der Studie Paulo Artaxo von der Universität São Paulo (USP). Bedenklich sei zudem die hohe Zahl von großflächigen Waldbränden als Nebenprodukt der Brandrodungen, warnt Forscherkollegin Jennifer K. Balch.

Früher habe es spontane Waldbrände in Amazonien nur alle paar hundert Jahre gegeben, weil intakte Regenwälder wegen ihres feuchten Mikroklimas schwer brennen. Wiederholte Brandrodungen in angrenzenden Gebieten, dürregeschwächte Bäume sowie der Holzeinschlag ließen immer mehr Sonnenstrahlen durch, was den Boden austrockne.

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