Landrat von rechts

Keine Kritik von SPD und CDU wegen rechtspopulistischer Äußerungen

  • Holger Elias
  • Lesedauer: 3 Min.
Im Thüringer Landkreis Weimarer Land führen die Entgleisungen eines rechtspopulistischen Kommunalpolitikers zu Protesten der LINKEN. Sie vermuten, dass die Rechtskonservativen um CDU-Landtagsfraktionschef Mike Mohring den Fall Münchberg bewusst nutzen, um einen Affront gegenüber Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht anzuzetteln.

Diese Aktion zum Jahreswechsel brachte den 64-jährigen Landrat Hans-Helmut Münchberg in die Schusslinie der LINKEN: In seinem Neujahrsgruß, abgedruckt in der landrätlichen Postille und gerichtet an die knapp 85 000 Bürger des Landkreises Weimarer Land, begrüßte er im Sarrazin-Stil das Ergebnis eines Schweizer Volksbegehrens. Es sei auch für Deutschland an der Zeit, klar zu unterscheiden, forderte er: »Wer unsere Kultur und deutsches Recht verachtet, aber unsere Sozialsysteme in Anspruch nimmt: Raus! Und Deutschland sollte auch damit beginnen: Kriminelle Ausländer raus!«

Der Aufschrei im Landkreis hält sich bislang in Grenzen, nur die LINKEN protestieren und die Freien Wähler wundern sich. Weder die SPD noch die CDU positionierten sich bislang gegen den parteilosen Landrat, der inzwischen seine Ansprache auch bei Facebook veröffentlichte. Stattdessen hatten die Fraktionschefs beider Parteien noch Anfang Dezember mitgeteilt, dass sie Münchberg zum gemeinsamen Kandidaten für die nächsten Landratswahlen nominieren wollten. Inzwischen ist er offizieller Kandidat der Kreis-CDU für die Landratswahl am 22. April. Auf der Mitgliederversammlung in Apolda wurden am vergangenen Freitag 41 gültige Stimmen abgegeben, wobei auf den 63-Jährigen drei Enthaltungen, drei Nein- und 35 Ja-Stimmen entfielen.

Gerade diese Tatsache bezeichnete der Kreisvorsitzende der LINKEN Weimar/Weimarer Land, Frank Lange, nun als »politischen wie moralischen Offenbarungseid«. Fehlende personelle Alternativen und mangelnder politischer Anstand in beiden Parteien hätten die »Strippenzieher veranlasst, einen ausgewiesenen Rechtspopulisten so deutlich zu unterstützen«. Mit ihrer Entscheidung mache sich das Bündnis aus CDU und SPD Münchbergs Positionen zueigen. Vor allem das Engagement der Sozialdemokraten sei nicht nachvollziehbar, vertrete doch Münchberg in Sachen Gemeinschaftsschule, erneuerbare Energien oder kommunale Wirtschaft konträre Positionen. Ähnlich beurteilt Eckart Maaß von den Freien Wählern die aktuelle Situation: Münchberg sei vor Jahren als Gegner der CDU aufgetreten. Die aktuelle Verbrüderung offenbare eine gewisse Doppelzüngigkeit.

Dass gegen die rechtspopulistischen Entgleisungen von Münchberg nicht innerhalb der Regierungspartei CDU ein öffentliches Donnerwetter aufbraust, scheint hausgemacht: Ausgerechnet der Fraktionschef im Landtag Mike Mohring, ein enger Vertrauter von Ex-Ministerpräsident Dieter Althaus, hat nämlich seinen kommunalen Hintergrund im Weimarer Landkreis und gilt als einflussreicher Vertreter des rechtskonservativen CDU-Flügels. Der befindet sich schon ein ganzes Weilchen in Wartestellung und lauert darauf, endlich in die Offensive zu kommen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Mohrings Getreuen vor allem die liberale Linie der Regierungschefin Christiane Lieberknecht immer wieder aufstieß. Der Fall Münchberg könnte nun die Phase der offenen innerparteilichen Konfrontation gegen die Ministerpräsidentin einläuten.

Beim Neujahrsempfang der CDU in Weimar Land vor wenigen Tagen war von derlei Konflikten allerdings nicht die Rede. Mohring lobte Münchberg. Man habe klare Vorstellungen für die Zukunft und ziehe gemeinsam in den Wahlkampf - und dies mit einem Menschen, »der zupacken und mehr leisten kann«.

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