Keine großen Versprechen mehr
Die SPD setzt beim kommenden Bundestagswahlkampf auf Sozialpolitik light
SPD-Chef Sigmar Gabriel ist bekanntermaßen kein Mann der leisen Worte. Zum Abschluss der Klausur der Parteispitze in Potsdam tönte er gestern vor Journalisten: »Die Zeit des Neoliberalismus ist vorbei.« Stattdessen werde die soziale Marktwirtschaft wiederentdeckt. Angesichts der einst von der SPD forcierten neoliberalen Agenda-Reformen wirkten seine Ausführungen geradezu geschichtsvergessen. Sorgen muss sich Gabriel deswegen aber nicht machen. Kürzlich hatten in einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap die meisten Befragten der SPD attestiert, die glaubwürdigste Partei in der Bundesrepublik zu sein.
Diese Vorlage nahmen die Sozialdemokraten bei ihrer Klausur dankbar auf. »Wir werden im Wahlkampf weniger versprechen, aber das auch halten«, sagte Generalsekretärin Andrea Nahles.
Um wieder bei linken Wählern zu punkten, will die SPD bis zur Bundestagswahl im kommenden Jahr das Thema »Gerechtigkeit« in den Mittelpunkt stellen. Gabriel kündigte an, sich für höhere Tariflöhne, gleiche Bezahlung für Männer und Frauen sowie für die Gleichbehandlung von Leiharbeitern einzusetzen. Über die Situation derjenigen, die seit langem vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind, verlor der SPD-Chef indes kein Wort. Beim Streitthema Rente mit 67 soll bis Jahresmitte eine Lösung gefunden werden.
Weiter vorantreiben will Gabriel sein Projekt, die unter Überalterung und Mitgliederschwund leidende SPD für Nichtmitglieder attraktiver zu machen. Auch sie sollen bei der Ausarbeitung des Regierungsprogrammes der Sozialdemokraten beteiligt werden. Mitglieder der Ortsvereine werden ab Sommer möglichst viele Bürger nach ihrer Meinung zu Konzepten der SPD befragen.
Ihre interne Personaldebatte werden die Sozialdemokraten wohl erst im kommenden Jahr klären. Ex-Finanzminister Peer Steinbrück, der auch an der Klausur teilnahm, sagte gegenüber den »Ruhr Nachrichten«, dass der Kanzlerkandidat voraussichtlich nach der Landtagswahl in Niedersachsen im Januar 2013 benannt werde. Obwohl Steinbrück weder in der Fraktion noch in der Partei zum Spitzenpersonal zählt, gilt er neben Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier als möglicher Kandidat. Als Troika sollen sie gemeinsam eine wichtige Rolle im Wahlkampf spielen.
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