Machtkampf bei der Endlagersuche

Atomkraftbefürworter im Umweltministerium wollen Strahlenschutzamt ausbooten

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Bei der künftigen Suche nach einem Atommüllendlager gibt es Gerangel um Zuständigkeiten.

Mit seinem Entwurf für ein Endlagersuchgesetz hat das Bundesumweltministerium einen weiteren Versuch gestartet, das ihm unterstellte Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und seinen Chef Wolfram König zu entmachten. Durch die Gründung eines neuen Bundesinstitutes soll das BfS bei der Endlagersuche ausgebootet werden. Doch die Behörde setzt sich zur Wehr. In einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf, die dem »nd« vorliegt, stellt König das geplante Bundesinstitut für Endlagerung in Frage: »Ob sich mit dem vorgesehenen ›Bundesinstitut‹ eine optimale Lösung anbietet, bewerte ich zurückhaltend«, heißt es diplomatisch in dem Schreiben.

Das BfS ist die federführende Behörde bei der Entsorgung radioaktiver Abfälle. Es betreibt die Atommülllager Asse (Niedersachsen) und Morsleben (Sachsen-Anhalt) sowie das Endlagerbergwerk Gorleben. Das Bundesamt baut zudem die ehemalige Eisenerzgrube Konrad (Niedersachsen) zum Endlager für schwach und mittelradioaktive Abfälle aus. Auch für die Genehmigung von Atommülltransporten ist es zuständig.

In seiner Stellungnahme rät König von einer Abtrennung der laufenden Endlagerprojekte vom Suchverfahren ab. »Die Erfahrungen aus den Projekten müssen unmittelbar in das Standortsuchverfahren einfließen«, heißt es in dem Schreiben des BfS-Präsidenten. Im Gesetzesentwurf des Umweltministeriums sei nicht ersichtlich, wie sich die Tätigkeiten eines Bundesinstituts von den Aufgaben anderer Behörden und Beteiligter abgrenzten. Offen bleibe ebenfalls, wie dieses personell besetzt werden solle. »Im Hinblick auf die ohnehin vorhandenen Schwierigkeiten, geeignete Fachkräfte zu gewinnen, besteht die Gefahr von Abwerbungen zu Lasten der Funktionsfähigkeit der einzelnen Aufgabenträger«, schreibt König.

Er schlägt vor, dass das BfS das Standortauswahlverfahren für das Endlager betreibt. »Das Bundesamt für Strahlenschutz verantwortet den Suchprozess, die Planung, den Betrieb und die Errichtung des Endlagers für hochradioaktive Abfälle und die Aufgabenerledigung bei den bestehenden Endlagern.« Im Gegenzug solle die Endlagerüberwachung aus dem BfS herausgelöst werden.

Andere Passagen des Gesetzesentwurfs stoßen bei dem BfS-Chef durchaus auf Zustimmung. So begrüßt König, dass ein Export des Atommülls dem Entwurf zufolge nicht in Betracht komme. Auch die Begleitung des Endlagersuchverfahrens durch eine Ethik-Kommission sei »grundsätzlich geeignet, den sicherlich schwierigen Meinungsbildungsprozess günstig zu beeinflussen«.

Im Zuge der Atomrechtsnovelle zur Laufzeitverlängerung im Herbst 2010 wollte das Umweltministerium das BfS schon einmal in seinen Kompetenzen beschneiden. Damals wollten die Atomkraftbefürworter im Umweltministerium um Abteilungsleiter Gerald Hennenhöfer die Verantwortung für den Betrieb der Endlager den bundeseigenen Energiewerken Nord (EWN) übertragen, die das Zwischenlager Lubmin betreiben. Im Gesetzentwurf entfiel dann dieser Passus aber doch.

König, der Mitglied der Grünen ist und vom früheren Umweltminister Jürgen Trittin in sein Amt eingesetzt wurde, gilt als Atomkraftkritiker. Zudem hatte er sich bereits in der Vergangenheit für eine vergleichende Endlagersuche eingesetzt. Auch Königs Pläne, die Atommüllfässer aus der Asse herausholen, stoßen im Umweltministerium nicht uneingeschränkt auf Begeisterung. Hennenhöfer und der Leiter der Entsorgungskommission, Michel Sailer, gelten als Befürworter einer Verfüllung des Bergwerks.

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