Schweigen für die Opfer der NSU-Morde

Kolat: Weg von Integrations-, hin zur Gleichstellungsdebatte

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin (nd-Drescher/Blum). Mit einer Schweigeminute, zu der der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände aufrufen, soll heute um zwölf Uhr der zehn Personen, die von der Zwickauer Terrorzelle ermordet wurden, gedacht werden. »Wir alle setzen damit ein Zeichen für eine offene und zu ihrer eigenen Vielfalt stehenden Gesellschaft. In unserer heutigen Kommunikations- und Informationsgesellschaft ist bewusstes Schweigen und Innehalten bereits eine unglaublich ausdrucksstarke Botschaft«, so DGB-Chef Michael Sommer. Auf der offiziellen Gedenkfeier im Berliner Konzerthaus wird nach dem Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reden.

Für Petra Pau (LINKE), Mitglied im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags, darf es nicht nur beim Gedenken bleiben: »Es geht nicht nur ums Innehalten. Die Gedenkstunde muss alle ermutigen, die sich für eine weltoffene, multikulturelle und interreligiöse Gesellschaft einsetzen. Und ihr müssen politische Konsequenzen folgen. So lange Rassismus verharmlost und Antifaschismus verdächtigt wird, bleibt alles Gedenken folgenlos.«

Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, fordert im nd-Interview von der Bundesregierung eine »eindeutige Strategie gegen Rechts«. Zur Zeit sei dies »eher eine sogenannte Pannenstrategie«. Zudem müsse man »auch wegkommen von der Integrationsdebatte, hin zu einer Gleichstellungsdebatte. Gerade nach solchen Ereignissen sollten die Politiker noch einmal nachdenken, was sie falsch gemacht haben.« Kolat kritisiert: »Wenn Menschen, die hier geboren sind, von Politikern noch als Gäste oder Ausländer bezeichnet werden, dann ist das natürlich eine Aussonderung. Und damit haben sie Menschen zu Fremden gemacht, obwohl diese keine Fremden sind.«

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