Ein Muster ohne Wert

Standpunkt von Roland Etzel

  • Lesedauer: 2 Min.

Die EU-Staaten hatten das syrische Referendum bereits vor seinem Stattfinden zur Farce erklärt. Die demonstrative Missachtung des Resultats kulminiert darin, dass bereits vor seinem Bekanntwerden neue Sanktionen gegen Syrien verkündet wurden. Wer es sich so einfach macht, hat aber wohl kein objektives Urteil im Sinn.

Was die Fragwürdigkeit des Zeitpunktes der Abstimmung betrifft, kann man Brüssel kaum widersprechen. In Regionen und Städten, wo auch nur partiell Kriegszustände herrschen, kann keine freie Wahl stattfinden. Insofern kommt Assads Idee zur Unzeit. Was immer auch verkündet wird, entwertet sich selbst, weil es eben unter irregulären Bedingungen zustande kam.

Dabei spricht einiges dafür, dass Assad - etwa bis vor einem Jahr - locker eine Mehrheit für diesen Entwurf bekommen hätte, wenn er ihn denn, ohne den inzwischen immensen Druck der Straße, zur Abstimmung gestellt hätte. Denn der Entwurf enthält etwa mit seinen Passagen zu Parteien und Religionen Elemente, die im eigentlich gerade im Westen als demokratisch und fortschrittlich empfundenen Sinne weit über das hinausgehen, was die arabischen Nachbarn zu bieten haben. Syriens schärfste Feinde unter ihnen - von Kritikern zu sprechen ist längst zu wenig - wie Katar und Saudi-Arabien haben weder Parteien noch Religionsfreiheit, geschweige denn eine Verfassung. Das allerdings ändert nichts daran, dass Assads Demokratieversuch mindestens ein Jahrzehnt zu spät kommt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal