Ausgestreckte Hand

Kommentar von Wolfgang Hübner

  • Lesedauer: 2 Min.

Beate Klarsfeld, die Kandidatin der Linkspartei für die Wahl des Bundespräsidenten, polarisiert. Ihr Name hat in der LINKEN nicht nur Begeisterung hervorgerufen, aber im Großen und Ganzen herrscht eine Stimmung, die man so beschreiben kann: Die Linkspartei reicht ihr die Hand. Diese Formulierung verwendete Klarsfeld selbst, als sie sich jetzt bei der Nordost-LINKEN vorstellte. Die DDR habe ihr seinerzeit im Kampf gegen Kiesinger und andere Altnazis als erste die Hand gereicht.

In einem Teil der (west)deutschen Presse indessen schlägt der Antifaschistin Klarsfeld etwa jene Stimmung entgegen, die sie schon aus den 60er Jahren kennt: Distanz, Misstrauen, Ablehnung. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) hat jetzt darzulegen versucht, warum von Klarsfelds Attacken auf den damaligen Kanzler Kiesinger wenig bis nichts zu halten sei. Weil Klarsfeld Zugang zu Archiven in der DDR erhielt. Weil die DDR sie mit Dokumenten, Flugblättern, Broschüren unterstützte. Na und? Was spricht dagegen? Etwa die vermeintlich breite Erörterung von Kiesingers braunem Vorleben, von der die FAS schwärmt, als sei die Bundesrepublik der 60er ein Hort antifaschistischer Geschichtsaufarbeitung gewesen? Die DDR mag Kiesingers Rolle in der NS-Zeit hochgespielt haben - im Westen dagegen wurde sie eher auf Sparflamme behandelt. Klarsfelds Ohrfeige für Kiesinger war ein Schlag gegen die Gewöhnung an unselige Kontinuitäten. Für die FAS ist Beate Klarsfeld nur ein Werkzeug, das der Linkspartei gerade ins aktuelle Geschäft passt. Ein erbarmungswürdiger Vorwurf - was waren bzw. sind dann Christian Wulff und Joachim Gauck für andere Parteien?

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