Eine TV-Karriere vor dem Ende?

Sat.1 setzt Harald Schmidts Late-Night-Show ab

  • Carsten Rave, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Harald Schmidt verlässt zum zweiten Mal Sat.1. Seit seinem Start hat er dort und in der ARD fast 18 Jahre spätabends die Menschen mit Kalauern und Klamauk unterhalten. Nun ist die Late Night Show im Mai zu Ende. Bedeutet das auch das Aus von Schmidts ständiger TV-Präsenz?

»Schade«. Mit diesem einzigen Wörtchen zieht Harald Schmidt einen Schlussstrich unter seine Sat.1-Karriere. Nach nur einer Fernsehsaison beendet der Münchner Privatsender die Zusammenarbeit mit Schmidt. Am 3. Mai strahlt Sat.1 die letzte Ausgabe der »Harald Schmidt Show« mit dem 54-jährigen Entertainer aus. Schuld an dieser Entwicklung sind die Einschaltquoten, die nicht die Erwartungen erfüllten.

Mit Harald Schmidts Sat.1-Abschied dürften viele TV-Zuschauer die Frage verbinden: Hat das Modell Schmidt überhaupt noch Zukunftscharakter? Was macht der gelernte Schauspieler und Kabarettist in der zweiten Jahreshälfte oder noch darüber hinaus? Ob er noch so einen hohen Marktwert und so viel Strahlkraft hat wie in der Zeit, als er sich schon einmal (2003) von Sat.1 verabschiedete oder im vergangenen Jahr bei seinem Abscheid von der ARD, darf zumindest bezweifelt werden.

Im Frühherbst 2011 schien die Welt noch in Ordnung zu sein. Schmidt startete bei seinem Sat.1-Comeback mit Marktanteilen von 14,1 und 16,1 Prozent (2. Folge) in der begehrten Zielgruppe der 14- bis 49-jährigen Zuschauer und lag damit deutlich über dem gegenwärtigen Senderschnitt von 10,2 Prozent. Euphorie machte sich breit. Und Schmidt untermauerte seinen Anspruch auf einen dritten Sendeplatz pro Woche, womit er das Terrain von Johannes B. Kerner beanspruchte, dessen Sat.1-Magazin es schlecht ging.

Doch nach einem gelungenen Start kam Sand ins Getriebe. Schmidts Quoten gingen zurück. Dennoch gewährte ihm Sat.1 ab Januar 2012 nach dem Dienstag und Mittwoch auch den Donnerstag, aber eher schon aus dem Ansatz heraus, die Show mit diesem Manöver noch zu retten. »Mehr Quantität für Qualität«, sagte Geschäftsführer Joachim Kosack damals. »Indem wir die wöchentliche Frequenz einer inhaltlich sehr starken Sendung erhöhen, machen wir aus der ›Harald Schmidt Show‹ endlich eine richtige Late Night.«

Doch die Fans zogen nicht mit. 2012 kam der Marktanteil der »Harald Schmidt Show« in der Zielgruppe nicht über 6,5 Prozent hinaus, beim Gesamtpublikum erzielte die Show nur 5,0 Prozent Marktanteil - 690 000 Zuschauer waren das in nackten Zahlen. Von den Marktanteilen her liegt Schmidt damit praktisch auf dem Niveau von Thomas Gottschalk am ARD-Vorabend - auch der knabbert an der Fünf-Prozent-Marke. Zwei echte Größen des TV-Geschäfts, die offenbar den Zenit überschritten haben und vom Publikum gemieden werden - ist das der Abschied von einer TV-Generation?

Möglicherweise hat es bei der Trennung nun unterschiedliche Auffassungen gegeben, die nicht unter einen Hut gebracht werden konnten. Produzent Fred Kogel, der mit Schmidt die Firma Kogel & Schmidt betreibt, klagte: »Eine tägliche Late Night Show braucht entsprechende Rahmenbedingungen und vor allem Zeit. Wenn man darüber keine Einigung erzielen kann, hört man besser auf.« Diese von Kogel gewünschten Rahmenbedingungen lieferte der Sender nicht.

Sat.1-Geschäftsführer Joachim Kosack fügte hinzu: »Auch die Erhöhung der wöchentlichen Frequenz auf drei Ausgaben hat die Fangemeinde leider nicht ausreichend erweitern können.« Harald Schmidt kann sich jedoch trösten: Er befindet sich in guter Gesellschaft mit anderen Late-Night-Kollegen. Bei Sat.1 scheiterten nach seinem ersten Ausscheiden zunächst Anke Engelke und dann auch Oliver Pocher mit Late Night Shows, die im Grunde nur einen Zweck erfüllen sollten: Schmidt ersetzen.

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