Gericht bestätigt: Kein Streikrecht für Beamte

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen

  • Lesedauer: 3 Min.
In der Vergangenheit hat es unterschiedliche Gerichtsurteile zum Streikrecht für Beamte gegeben. Geklagt hatten dabei vor allem verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer. In einem aktuellen Fall in Nordrhein-Westfalen hatte das Verwaltungsgericht Düsseldorf der klagenden Lehrerin zunächst Recht gegeben, jedoch hob das Oberwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen in Münster dieses Urteil auf.

Mit seinem am 7. März 2012 verkündeten Urteil (Az. 3d A 317/11.O) bestätigte das Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen in Münster das Streikverbot für Beamte.

Zur Begründung führte der Vorsitzende des Disziplinarsenats aus, dass sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, auf die sich die Lehrerin berufen hatte, kein Streikverbot für deutsche Beamte ableiten lasse.

Darüber hinaus habe die EMRK im deutschen Recht den Rang eines einfachen Bundesgesetzes, so dass sich deren Regelungen an dem höherrangigen Grundgesetz messen lassen müssten. Die in Artikel 11 der EMRK und in Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz geregelte Koalitionsfreiheit werde durch die in Artikel 33 Absatz 5 Grundgesetz verankerten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums eingeschränkt. Damit stehe Beamten in der Bundesrepublik Deutschland, mit Blick auf deren Treuepflicht gegenüber ihrem Dienstherrn und vor dem Hintergrund der Erhaltung der Funktionsfähigkeit staatlichen Handelns, ein Streikrecht nicht zu. Dieses Streikverbot gelte unabhängig davon, welche konkrete Funktion der einzelne Beamte ausübe, denn allein der Beamtenstatus sei entscheidend.

Mit seiner Entscheidung hob der Disziplinarsenat des Oberverwaltungsgerichts ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 15. Dezember 2010 auf (Az. 31 K 3904/10.O). Die Revision wurde nicht zugelassen. Dagegen kann allerdings noch Beschwerde eingelegt werden.

Das Urteil erging in einem Disziplinarverfahren des Landes Nordrhein-Westfalen gegen eine verbeamtete Realschullehrerin aus Sankt Augustin im Rhein-Sieg-Kreis. Sie hatte Anfang 2009 an drei Warnstreiks der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft teilgenommen und entgegen der strikten Anweisung der Schulleitung keinen Unterricht erteilt. Die Bezirksregierung Köln hatte daraufhin gegen die Pädagogin eine Disziplinarstrafe von 1500 Euro verhängt. Die Frau erhob Klage und hatte in erster Instanz auch Erfolg. Nunmehr setzte sich das Land Nordrhein-Westfalen in der Berufung mit seiner Rechtsauffassung durch.

Die Lehrerin stützte sich bei ihrer Klage auf frühere Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Darin war türkischen Beamten unter anderem das Recht zugesprochen worden, sich in Gewerkschaften zu organisieren. Anders als zuvor das Verwaltungsgericht Düsseldorf sahen die Richter des Oberverwaltungsgerichts in diesen Entscheidungen jedoch keine bindende Wirkung für deutsche Beamte, betonten die Richter in Münster.

Der Vorsitzendes des Deutschen Beamtenbundes (dbb), Peter Heesen, begrüßte das aktuelle Urteil. »Der dbb hat immer wieder darauf hingewiesen, dass die im Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes verankerten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums maßgeblich sind. Diese Auffassung sehen wir durch das Urteil bestätigt. Die bedeutende Rolle des Berufsbeamtentums als Garanten für einen funktionierenden Staat wurde durch das Gericht abermals deutlich gemacht«, so Heesen.

»Das besondere Dienst- und Treueverhältnis zwischen Beamten und Dienstherren, mit allen sich daraus ergebenden wechselseitigen Rechten und Pflichten, hat sich bewährt«, ergänzte der dbb-Bundesvorsitzende. Die Bestätigung durch das Gericht ist deshalb sehr zu begrüßen. Diese Entscheidung bringt Stabilität und Rechtssicherheit für die Beamten, die Dienstherren und unser gesamtes Staatswesen.«

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