Griff in die Kasse rechtfertigt Rauswurf ohne Abmahnung

Streitfälle um die Kündigung

  • Lesedauer: 3 Min.
Wer in die Kasse seines Arbeitgebers greift, darf ohne vorherige Abmahnung fristlos entlassen werden, so das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in Mainz am 28. März 2012 (Az. 11 611/11).

Zwar sieht das Bundesarbeitsgericht (BAG) die vorherige Abmahnung im Vergleich zur fristlosen Kündigung als das mildere und damit verhältnismäßigere Mittel an. Doch nach dem Mainzer Richterspruch gilt dies nicht, wenn der Griff in die Kasse das Vertrauensverhältnis zwischen Mitarbeiter und Arbeitgeber nachhaltig zerstört hat.

Das Gericht wies mit seinem Urteil die Kündigungsschutzklage einer Angestellten ab. Die Klägerin war in einem Speditionsunternehmen unter anderem für die Bareinnahmen der betriebseigenen Tankstelle verantwortlich. Dabei habe sie in die Kasse gegriffen und insgesamt rund 7100 Euro in die eigene Tasche gesteckt. Der Arbeitgeber kündigte ihr daraufhin fristlos. Das LAG gab ihm Recht.

Allerdings hatte das BAG in der Emmely-Entscheidung im Juni 2010 die Kündigung einer Mitarbeiterin, die zwei Pfandbons im Gesamtwert von 1,30 Euro an sich genommen hatte, mit Hinweis auf die fehlende Abmahnung für unwirksam erklärt (Az. 2 AZR 541/09). Die Mainzer Richter betonten, bei schwerwiegenden Verstößen müsse der Arbeitgeber auch weiterhin keine vorherige Abmahnung aussprechen. Denn es dürfe unterstellt werden, dass das Vertrauensverhältnis auf Dauer zerstört sei.

Schmiergeld-Empfänger darf fristlos gekündigt werden

Vorsicht ist geboten, wer sich Dinge von Dritten bezahlen lässt. Dies betrifft nicht nur den öffentlichen Dienst, sondern auch »normale« Arbeitnehmer. So urteilte das Landesarbeitsgericht Düsseldorf am 3. Februar 2012 (Az. 6 SA 1081/11), dass die Kündigung eines Bankdirektors, der sich private Bauleistungen von einem Geschäftspartner der Bank bezahlen ließ, berechtigt war.

Die Bank hatte einem ihrer Mitarbeiter mehrfach fristlos gekündigt. Die Bank warf dem Direktor und Vertriebsleiter vor, er habe sich von einem der Geschäftspartner des Geldinstituts unberechtigt Vorteile gewähren lassen. Dieser Geschäftspartner habe für ihn die Kosten für private Bauleistungen - eine Terrasse inklusive Beleuchtung - übernommen. Der Mitarbeiter bestritt diese Vorwürfe. Arbeitgeber und Arbeitnehmer stritten darüber hinaus auch über Vergütungsansprüche und über die Zahlung einer Tantieme.

Vor Gericht blieb der Banker weitgehend erfolglos. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass sich der Kläger den Terrassenbau und die Beleuchtungsanlage wissentlich von dem Geschäftspartner hatte bezahlen lassen. Wichtige Indizien waren unter anderem Rechnungen, nach denen der Geschäftspartner Teile der Terrassenkosten und der Beleuchtungsanlage über ein anderes Projekt abgerechnet und dem Bankmitarbeiter nicht in Rechnung gestellt hatte.

Diese Schmiergeldzahlung berechtigte die Bank zur fristlosen Kündigung. Der Kläger habe ab dem Zeitpunkt der ersten fristlosen Kündigung keinen Anspruch mehr auf Zahlung des Gehalts. Die Tantieme allerdings durfte der Mann behalten. Die Regelung, wonach eine durch Arbeitsleistung verdiente Tantieme vollständig entfalle, wenn der Arbeitnehmer vorzeitig ausscheide, sei unwirksam, so die Richter.

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